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und Tal grünen und blühen für mich so schön wie für ihn. Meine 
beiden Hände gebe ich nicht für hunderttausend Gulden, und meine 
Augen wären mir um alle Kostbarkeiten der fürstlichen Schatzkammer 
nicht feil. Überdies habe ich alles, was ich wünsche; denn ich wünsche 
nicht mehr, als ich nötig habe; ich esse mich täglich satt, habe Kleider, 
mich ordentlich zu bedecken, — und bekomme für meine Mühe und 
Arbeit jährlich so viel Geld, datz ich damit ausreiche, Könnt Ihr 
sagen, datz der Fürst mehr habe?" 
Der gütige Fürst lächelte, gab sich zu erkennen und sprach: „Du 
hast recht, guter Knabe, und kannst nun sagen, der Fürst selbst habe 
dir recht gegeben. Bleibe bei deinem fröhlichen Sinne!" 
Zufriedenheit macht froh und reich 
und wohl dem grötzten König gleich. 
Chr. von Schmid. 
221. Vt6 Ilirtvuklöttz. 
1. Ein König hatte einen Schatzmeister, der sich vom 
Hirtenstabe zu diesem wichtigen Amte aufgeschwungen hatte. 
Der Schatzmeister ward aber bei dem Könige verklagt, daß er 
die königlichen Schätze veruntreue und die geraubten Gelder 
und Kostbarkeiten in einem eigenen Gewölbe mit eiserner Tür 
aufbewahre. Der König besuchte den Schatzmeister, besah 
dessen Palast, kam an die eiserne Tür und befahl, sie zu 
öffnen. Als der König nun hineintrat, war er nicht wenig erstaunt. 
Er sah nichts als vier leere Wände, einen ländlichen Tisch und 
einen Strohsessel. Auf dem Tische lag eine Hirtenflöte nebst 
einem Hirtenstabe und einer Hirtentasche. Durch das Fenster 
sah man auf grüne Wiesen und waldige Berge. 
2. Der Schatzmeister aber sprach: „In meiner Jugend 
hütete ich die Schafe. Du, o König, zogst mich an deinen Hof. 
Hier in diesem Gewölbe brachte ich nun täglich eine Stunde zu, 
erinnerte mich mit Freuden meines vorigen Standes und wieder¬ 
holte die Lieder, die ich ehemals bei meinen Schafen zum Lobe 
des Schöpfers gesungen hatte. Ach, laß mich wieder zurück¬ 
kehren auf meine väterlichen Fluren, wo ich glücklicher war 
als an deinem Hofe!“ 
Der König ward über die Verleumder sehr unwillig, um¬ 
armte den edlen Mann und bat ihn, ferner in seinen Diensten 
zu bleiben. 
Ein ruhig Herz, nicht Gold und Pracht, 
ist’s, was uns Menschen glücklich macht. 
Chr. von Schmid.
	        
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