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gehens der Armen. Alsdann ging er schnell zur Trödlerin, drückte
derselben zwei Groschen in die Hand und sagte leise zu ihr: „Rufet
lcht die arme Frau zurück und gebt ihr das Kleid." Er aber ging
eilend davon.
160. Allerlei Ausreden.
Frau: „Hol' Wasser, faules Mädchen, vom Brunnen drunt' im
Städtchen!" — Mädchen: „Womit soll ich denn schöpfen?" — Frau:
"Mit Eimern oder Töpfen." — Mädchen: „Die Eimer aber rinnen
so." —. Frau: „So stopf' sie hurtig zu mit Stroh!" — Mädchen:
"Das ist zu lang ein gutes Teil." — Frau: „So hack' es kürzer mit
dem Beil!" — Mädchen: „Das Beil wird nicht geschliffen sein." —
Frau. „So schleif' es auf dem Goffenstein!" — Mädchen: „Wenn
aber drauf kein Wasser rinnt; nun sagt, wie fang' ich's an geschwind?" —
Frau: „Hol' Wasser, faules Mädchen, vom Brunnen drunt' im
Städtchen!" F. Güll.
161. Stadtmaus und Feldmaus.
Eine Stadtmaus ging über Feld und kam zu einer Feldmaus; die
tat ihr gütlich mit Eicheln, Gerste, Nüssen, und womit sie sonst konnte.
Aber die Stadtmaus sprach: „Du bist eine arme Maus; was willst
du hier in Armut leben? Komm mit mir, ich will dir und mir genug
schaffen von allerlei köstlicher Speise." Die Feldmaus zog mit ihr hin
in ein herrliches, schönes Haus, in dem die Stadtmaus wohnte. Sie
gingen beide in die Vorratskammer. Da war vollauf Brot, Käse,
Speck, Würste, Butter und alles. Da sprach die Stadtmaus: „Nun
und sei guter Dinge; solche Speise hab' ich täglich im Überflüsse."
^zndes kommt der Kellner und rumpelt mit den Schlüsseln an der
Türe. Die Mäuse erschrecken und laufen davon. Die Städtmaus fand
bald ihr Loch; aber die Feldmaus wußte nicht wohin, lief ängstlich die
Wand auf und ab und brachte kaum ihr Leben davon.
Als der Kellner wieder hinaus war, sprach die Stadtmaus: „Es hat
keine Not mehr; laß uns wieder guter Dinge sein!" Die Feldmaus
antwortete aber: „Du hast gut reden; du wußtest dein Loch schon zu finden,
während ich schier vor Angst gestorben bin. Ich will dir sagen, was
meine Meinung ist: Bleibe du eiue reiche Stadtmaus und friß Würste
^d Speck; ich will ein armes Feldmäuslein bleiben und meine Eicheln
kssen. Du bist reich, aber keinen Augenblick sicher vor dem Kellner, vor
den Katzen, vor den Fallen; ich aber bin daheim sicher und frei in
Meinem winzigen Feldlöchlein." Nach Äsop.
162.
1- Ein gutes Kind
gehorcht geschwind.
2- Beim Eigensinn
ist kein Gewinn.
8. Wer Gutes lut,
hat frohen Mut.
Denksprüche.
4. Kind, wirst du rot,
so warnt dich Gott.
5. Ein frohes Herz, gesundes Blut
ist besser als viel Geld und Gut.
6. Nimm vor Fallen dich in acht,
lauf und springe mit Bedacht!