Full text: Erstes Lesebuch für die Mittelstufe (Teil 3, [Schülerband])

104 D. Die Heimaiflur im Jahreslaufe. 
jagte spornstreichs zurück, mehr wegen des armen Pudels als 
wegen des Geldes besorgt. An der Stelle, wo er ihn geschossen 
hatte, fand er ihn nicht mehr; aber er erkannte aus der blutigen 
Spur, daß er müsse weiter zurückgekrochen sein. Voll Be 
kũmmernis folgte er dieser Spur, und — 0, wer vermag seine 
Betrũbnis auszusprechen, da er das arme, treue Tier neben dem 
Geldbeutel liegend fand, zu dem es zurückgekrochen war! Er 
sprang vom Pferde, um zu sehen, ob es noch zu retten sein 
möchte. Aber ach! — der sterbende Hund wedelte mit dem 
Schwanze, leckte seinem Herrn die Hand und — verschied. 
Joach. Neinr. Campe. 
142. Die Hauskatze. 
Die Katze erinnert uns durch ihre Gestalt und Lebensweise an 
den Tiger. Den lieben langen Tag liegt sie hinter dem warmen Ofen, 
dicht an die heißen Steine gedrückt; kommt aber der Abend, so wird sie 
lebhaft und geht auf Beute aus. Ihre Augen leuchten im Finstern wie 
hellgrüne Lichter. Sie vermag in der Dämmerung auch dann noch deutlich zu 
sehen, wenn unsern Augen schon alles grau und schwarz erscheint; bei Tage 
wird sie dagegen durch das helle Sonnenlicht geblendet. Das Schwarze im 
Auge, die Pupille, die abends kreisrund ist, zieht sich mehr und mehr zu 
einem schmalen Streifen zusammen, je heller die Sonne leuchtet. 
So empfindlich die Augen der Katze sind, so sind es auch ihre Ohren. 
Sie hört das leise Knabbern der Maus, das Geräusch, das der Vogel in 
den Zweigen des Baumes macht. Ihr Geruch ist dagegen nicht so scharf 
wie der des Hundes. Ihre Pfoten sind weich. Die Zehen enden in 
elastischen Ballen. Man hört keinen Laut, wenn sie läuft. So kann sie 
sich unbemerkt zum Mauseloch schleichen und hier lauern, bis das Mäuschen 
weit genug von demselben entfernt ist, um es zu erwischen. Die Katze übt 
sich von Jugend auf förmlich zum Mäusefangen ein. Zuerst hascht sie den 
eignen Schwanz, dann alles, was sich regt und bewegt, den Strohhalm, 
die rollende Kugel, dann Fliegen und Schmetterlinge, zuletzt Mäuse und 
Vögel. Sie mißt dabei genau mit den Augen die Entfernung ab, die 
zwischen ihr und ihrer Beute ist, schleicht vorsichtig auf dem Bauche heran, 
bis sie nahe genug ist, dann schnellt sie mit einem mächtigen Satze auf ihren 
Raub und packt ihn mit Zähnen und Klauen. 
Ihre Krallen kann die Katze zurückziehen; sie werden auf diese Weise 
nicht abgestumpft. Mit ihnen hält sie ihre Beute fest, mit ihnen kann sie 
empfindlich kratzen und mit ihrer Hilfe vorzüglich klettern.
	        
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