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welchem der tapfere Heerführer der Bayern, Gerold, seinen Tod
fand, wurde das wilde Volk fast vernichtet. Der Name der Avaren ver-
schwand ganz aus der Gegend um 822. Das Land von der Enns bis
zur Raab wurde bajuwarischen Ansiedlern zum Anbau überlassen und
dadurch der Kultur und dem Christentum gewonnen. Karl übergab
es als „Ostmark" einem bajuwarischen Markgrafen zur Verwaltung.
Nach Gerolds Tode wurde Graf A n d n l f zum Präsekten in Bayern
ernannt.
Die Markgrafen, welche ausgedehntere Machtbefugnisse als die Gau-
grasen hatten, überwachten mit dem ihrem Befehle unterstellten
kriegerischen Aufgebote den Schutz der Reichsgrenze.
Zur Sicherung der Ostgrenze seines Landes gegen die Slaven
errichtete Karl folgende Marken oder Grenzschaften: den Nordgau,
die karanthanische Mark (Steiermark), die thüringische und
sächsische Mark. Im Norden legte er gegen die Dänen das
Danawirk an zwischen der Eider und Schlei. Die Mark Friaul
war schon unter den Langobarden entstanden. Im Süden fügte er
801 das schn 778 bis zum Ebro eroberte Spanien als spanische
Mark zu seinem Reiche.
Im Jahre 796 überbrachte eine Gesandtschaft des P a p st e
Leo III. Karl das Banner der Stadt Rom und die Schlüssel zum
Grabe des hl. Petrus mit der Bitte, gleich seinem Vater Pipin das
Patrieiat über Rom zu übernehmen.
Bei Gelegenheit einer feierlichen Prozession 799 wurde der Papst
von einem Teile des römischen Adels arg mißhandelt und suchte bei
König Karl Schutz. Dieser empfing ihn in Paderborn auf das feier-
lichste, führte Leo nach Rom zurück und hielt als Patriems über die
Frevler Gericht. Dafür setzte ihm Leo am Weihnachtsfeste (nach der
800 julianischen Zeitrechnung am Anfange des neuen Jahres und Jahrhunderts)
die römische Kaiserkrone auss Haupt, und das versammelte Volk
rief wie aus einem Munde: „Karolns Augustus, dem von Gott
gekrönten, frommen, großen und friedenbringenden Kaiser Leben und
Sieg!" Hiedurch wurde die 476 erloschene abendländische Kaiser-
kröne wieder erneuert und Karl zum höchsten weltlichen Herrn
der Christenheit und zum ob ersten Schutz Herrn der Kirche
erhoben.
Arno von Salzburg, welchen Papst Leo III. schon 798 zum Erzbischofe
und Primas in Bayern ernannt hatte, wurde bei Karls Krönung
auch zum apostolischen Legaten in Deutschland erhoben.
Karl, der ruhmvolle Kriegsheld und Eroberer, der mächtige Be-
Herrscher des größten europäischen Reiches, hatte mit der erhabenen
Würde des Kaisers den höchsten Gipfel irdischer Größe erreicht.
Sein hauptsächlichster Ruhm lag aber in der Größe des Geistes,
in den seltenen Herrschergaben, mit welchen er seine gewaltige Aus¬
gabe als Regent und Gesetzgeber erfaßte und löste. Bei der
Verfolgung seines Zieles, die deutschen Völker zu einem Reiche zu