D. Die Heimatflur im Jahreslaufe.
89. Vögleins Wiege.
1. In der Wiegen 3. Unter Zweigen,
seh' ich liegen die sich neigen,
dort ein kleines Vögelein; schlummert still das Kindlein traut;
und es streckt sich, durch die grünen
und es reckt sich Laubgardinen
in dem Nestchen warm und klein. Sonne nach der Wiege schaut.
2. Leise gehet, 4. Und zur Seiten
leise wehet singt voll Freuden
durch die Zweige hin der Wind. Mütterlein ein Wiegenlied;
Auf und nieder, und ihr Singen
hin und wieder und ihr Klingen
schaukelt er das Vogelkind. durch den stillen Abend zieht.
5. Vöglein reget
und beweget
leis im Schlaf die Flügelein;
träumt von Fliegen
in der Wiegen
und von Duft und Sonnenschein.
Georg Christ. Dieffenbach.
90. Der Kuckuck.
Uur selten erblickt man den Kuckuck, so unermüdlich er auch mit seinem
lauten Rufe den Frühling verkündet. Denn er ist ein überaus scheuer Vogel,
der das Auge des Menschen möglichst flieht. Doch braucht er sich seiner
Gestalt nicht zu schämen; er ist sogar ein schöner Vogel. Er erreicht die
Größe einer Taube, ist aber etwas schlanker. Sein Gefieder ist oben
aschgrau; unten ist es heller und mit dunkeln Wellenlinien geschmückt. Der
Schwanz ist lang; seine Federn tragen weiße Flecke und Spitzen. Die
Füße sind gelb; zwei von ihren Zehen sind nach vorn, zwei nach hinten ge—
richtet. Der Schnabel ist kurz und gewölbt.
Nie einzeln, immer paarweise kommen diese Vögel im März, April
und Mai vom Süden her in unsre Wälder. Überall ist ihr Ruf der
Frühlingsruf, den jeder gern hört; überall haben sich Sagen an diesen Ruf
geknüpft. So soll er dem Kranken die Zahl der Jahre verkünden, die er
noch zu leben hat, und wer beim ersten Kuckucksruf mit dem Gelde in der
Tasche klimpern kann, leidet das Jahr hindurch, so glaubt man, daran
keinen Mangel. Im Juli, spätestens im August, zieht der Kuckuck wieder
übers Meer nach Afrika.
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