4. Winter.
128. Der Sternenhimmel.
Der Himmel ist eim grobes Buch über die göttliche Allmacht
and Güte, und die Sterne sind die goldenen Buehstaben in dem
Buche. Aber es ist in einer fremden Sprache geschrieben; man
bann es nicht verstehen, wenn man keinen Dolmetscher hat.
Wer aber einmal in diesem Buche lesen kKann, in diesem Psalter,
und liest darin, dem wird hernach die Zeit nieht mehr lang,
wenn er aueh bei Nacht allein auf der Strabe ist, und wenn
ihn die Finsternis verführen will, etwas Böses zu tun, er kann
s nimmer. — Betrachtet man den Sternenhimmel, so wird
einem zu Mute, als venn man in die göttliche Vorsehung hinein-
schaute, und jeder Stern verwandelt sich in ein Sprũchlein.
Der erste sagt: „Deine Jahre, o Gott, wüähren für undh für;
du hast voxzeiten die Erde gegrũndet, und die Himmel sind deiner
Hände Werk!“
Der zweite sagt: „Bin ieh nicht ein Gott, der nahe ist,
sprieht der Herr, und nicht ein Gott, der ferne sei? Neinest
du, daß sieh jemand so heimlieh verbergen könnte, daß ieh ihn
nieht sehe?“
Der dritte sagt: „Du erforschest miech und kennest miceh
und siehest alle meine Wege.“
Der vierte sagt: „Was ist der Menseh, dab du sein gedenkst,
ind des Menschen Kind, dabß du dieh seiner annimmst?
Der fünfte sagt: „Ond ob auch eine Mutter ihres Kindes
vergabe, so will ich doch deiner nieht vergessen, spricht der Herr.“
J. V. Hebel.
129. Trost im Winter.
Wie liegt die Welt so trüb und bang 5. Und Engelsang durchtoͤnt die Flur,
um Lenzeslust betrogen! die Nacht erstrahlt im Lichte;
Der Winter hat nicht Liederklang, verjünget scheinet die Natur
weil fort die Vöglein zogen. von Christkinds Angesichte.
2. In Eis erstarrt die Bãchlein all, 4. Vergessen machet Frost und Wind,
die Au'n im Trauerschleier — all Winterleid die Krippe,
da bricht herein mit Wonneschall und jubelnd singt dem Himmelskind
die süße Weihnachtsfeier. der Englein Lied die Lippe.
Wilhelm Reuter.
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