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wieder auf den Grund einer streng religiösen Pädagogik 
legten. 
Auf dem Gebiete der auswärtigen Angelegenheiten 
hatte die Regierung Friedrich Wilhelms IV nicht eben Triumphe 
zu verzeichnen. Es war, als ob seit dem Vertrage von Olmütz 
das Ansehn Preußens völlig geschwunden sei, so wenig nahm 
man in allen wichtigeren Fragen der Zeit auf dasselbe Rück¬ 
sicht. Freilich erschien auch seine ganze Haltung dermaßen 
schwach und schwankend, daß sie schlechterdings nicht den Re¬ 
spekt einflößen konnte, der einer europäischen Großmacht gebührte. 
Ein einziger kleiner Erfolg nur wurde errungen, als nämlich 
Hannover und Oldenburg im Herbst 1852 in den Zoll¬ 
verein eintraten und Österreich auf seine die preußischen 
Interessen bedrohende Forderung, ebenfalls in den genannten 
Verband aufgenommen zu werden, verzichten und sich mit einem 
bloßen Handelsverträge begnügen mußte. Desto mehr litt 
Preußens Stellung in Europa durch sein Verhalten während 
des gleich zu erwähnenden orientalischen Krieges, wel¬ 
chem weltbewegenden Ereignis gegenüber es eine vollständige 
Neutralität beobachtete, die ihm von keiner Seite Dank und 
Anerkennung eintrug. Die letzte bedeutendere Verwickelung, in 
die Friedrich Wilhelms äußere Politik geriet, bildete der Streit 
wegen Neufchatel. Das Ländchen gehörte seit 1815 als 
Kanton der schweizerischen Eidgenossenschaft an, blieb aber nach 
wie vor ein Besitztum der preußischen Könige. Im Jahre 1848 
hatte es das ihm lästig dünkende fürstliche Regiment abgeschüt¬ 
telt und sich gleich den anderen Kantonen republikanisch einge¬ 
richtet, ohne daß es ernstlich daran gehindert worden wäre. 
Jetzt, im Herbst 1856, erhob daselbst eine kleine royalistische 
Partei behufs Wiederherstellung der früheren Ordnung einen 
Aufstand, der indes leicht niedergeschlagen wurde und mit der 
Verhaftung seiner Führer endete. Friedrich Wilhelm forderte 
unverzüglich von der Schweiz die Freilassung der Gefangenen 
und die Anerkennung seiner Hoheit über Neufchatel und drohte 
im Weigerungsfälle mit Anwendung von - Waffengewalt. Da 
trat ihm Österreich entgegen und bewirkte im Verein mit 
Frankreich, daß der König, der vor einem allgemeinen Kriege 
um solcher Sache willen zurückschreckte, auf sein ererbtes Recht 
verzichtete, ohne selbst die ihm gebotene Geldentschädigung an¬ 
zunehmen. 
Kurz vor seiner Erhebung auf den französischen Thron 
hatte Napoleon III den Ausspruch gethan: „Das Kaiser¬ 
reich ist der Friede". Trotzdem bewies er sehr bald, daß er 
geneigt war, die kriegerischen Bahnen seines großen Oheims zu 
wandeln. Die erste Gelegenheit dazu fand sich, als Kaiser 
Schmelzer, Abriß. * 22
	        
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