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ein Sohn geboren wurde, der in der heiligen Taufe den Namen Martin
erhielt. Als der Knabe kaum ein halbes Jahr alt war, verließen die Eltem
Eisleben wieder und gingen nach der etwa anderthalb Meilen entfernten
Stadt Mansfeld, weil der Bergbau dort reichlicheren Verdienst verhieß.
Hier besuchte Martin, als er alt genug war, zuerst die Schule. Der Weg
aber war weit, das Büblein klein und schwach. Da übernahmt ein älterer
Schüler, Nikolaus Omler, den kleinen Studenten aus dem Arme in die
Schule zu tragen. Das tat ihm wohl, und noch als alter Mann hat's
Luther ihm nicht vergessen, daß er in so weichem, lebendigen: Kutschwagen
dahingefahren worden. In der Mansfelder Schule gab's zwar allerhand
zu lernen, was wissenswert war, aber es gab auch harte Prügel. So
wurde Martin einmal an einem einzigen Vormittage sünfzehnnial gestäupt,
d. h. mit Ruten gepeitscht, und zwar ganz unschuldig, weil er Sachen auf¬
sagen sollte, die er zuvor rüe gehört noch gelernt hatte.
Zu Hause war die Zucht auch nicht von Samt und Wolle. Der
Vater, Hans Luther, war ein ehrenhafter Mann, streng, gerad' und kurz
und hielt die Kinder mit fester Hand ans vierte Gebot. Zuweilen war seine
Zucht allzu streng, und Luther erinnerte sich, daß er einmal so hart gestäupt
worden ist wegen einer kleinen Sache, daß er seinem Vater schier gram
geworden. Die Mutter war eine derbe Frau, guter Sprüche voll und be¬
weglichen, witzigen Geistes. Auch sie fackelte nicht und schlug einmal ihren
Martin wegen einer Nuß bis aufs Blut. Und doch hat's Luther den Eltern
nie vergessen, wie hart sie sich um ihrer Kinder willen geplagt haben, und
wie seine Mutter das Holz auf dem Rücken zusammenschleppen mußte. Oft
sagte er: „Sie haben's doch herzlich gut mit mir gemeint." Und später hat
er bis zu ihrem Tode gezeigt, in welch hohen Ehren er seine lieben Eltem hielt.
Als Martin in Mansfeld gelernt, was da zu lernen war, zog er mit
seiner Weisheit nach Magdeburg, allwo ihn sein Vater hintat. Schon auf
der Reise mußte er sich das Brot vor den Häusern ersingen. Sein Freund
und Genosse hieß Hans Reinicke, eines Bergvogts Sohn, mit dem er zeit¬
lebens in Freundschaft blieb.
Ein Jahr darauf schickten ihn die Eltern nach Eisenach, um ihn näher
bei sich zu haben, und weil sie dort Verwandte hatten, von denen sie hofften,
daß sie dem Knaben beistehen würden. Aber ob diese nicht konnten oder
nicht wollten, — Martin mußte hier erst recht, wie er es schon in Magdeburg
getan, mit andem armen Schülern vor den Türen singen, um Brocken fiir
seinen Unterhalt zu sammeln. An manchenTüren gab's wenig und an vielen
auch gar nichts. Aber Gott, der die Sperlinge unter dem Himmel ihr Brot
finden läßt, hatte auch für seinen Martin Luther ein Stiick Brot schon im