Full text: [Teil 3 = Sechstes - Achtes Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 3 = Sechstes - Achtes Schuljahr, [Schülerband])

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gefunden. Dieses ist zwar lehmig; aber es erfrischt und belebt 
bis in die Fingerspitzen hinein. Zuerst werden die Verwundeten 
gelabt, hernach die Schützenlinie. Dieser Wasserfund war unsere 
Rettung und gab alsbald der ganzen Abteilung wieder frische 
Kraft und freudige Zuversicht auf siegreiches Gelingen. Aus der 
Schützenlinie durften die einzelnen nacheinander vorsichtig zum 
Trinken zurückkriechen. Trotz dem gefundenen Wasser blieb die 
Lage der Abteilung jedoch bitter ernst. Unsere Batterie konnte 
noch notdürftig zwei Geschütze bedienen und besaß nur eine 
ganz geringe, für den alleräußersten Fall aufgesparte Munition. 
Die drei schwachen Kompanien waren durch den Verlust an 
Toten und Verwundeten auf etwa 100 Gewehre zusammenge¬ 
schmolzen. Wie lange vermochte unser Häuflein dieser Stellung 
und dieser Übermacht noch zu trotzen? 
Am Morgen des 4. Januars, unseres dritten Gefechtstages, 
setzte das Feuer schwächer ein. Es stand fest, daß große Haufen 
der Feinde abgezogen waren. In dem Führer reifte der Entschluß 
zu einer rettenden Tat, die Sieg oder Untergang bringen mußte: 
die Wasserstelle sollte gestürmt werden, koste es, was es wolle. 
Nachdem das letzte in der Nacht herangeschaffte Wasser in der 
Schützenlinie verteilt war, wurde der Gegner mit einem gewaltigen 
Feuer aus Gewehr und Geschütz überschüttet. Gegen 11 Uhr 
wurden die Seitengewehre aufgepflanzt, und nunmehr erhob sich 
die stark gelichtete Linie zum letzten Sturmanlauf. Ein mörderisches 
Feuer schlug den Stürmenden entgegen. Der Mut der Verzweif¬ 
lung belebte die Kräfte der scheinbar dem Tode Geweihten zu 
einer letzten, fast übermenschlichen Anstrengung; mußte schon das 
Leben gelassen werden, so sollte es wenigstens so teuer wie 
möglich zum Ruhme der deutschen Waffen verkauft werden. Als 
der Feind die von wilder Entschlossenheit und Todesverachtung 
erfüllte Schar, deren zum Stoß gefällte Bajonette hell in der Sonne 
blitzten, immer näher auf sich zu kommen sah, brach plötzlich 
seine Widerstandskraft zusammen; in wilder Flucht und laut 
schreiend verließ er seine Stellungen. Die Wasserstelle war ge¬ 
nommen, die furchtbare Felsenfeste des Feindes in unseren Händen. 
Es war ein Kampf ausgefochten worden, wie er schwerer und 
aufreibender, aber auch ruhmvoller wohl selten je zuvor von 
deutschen Soldaten gekämpft worden ist. Jener Sturmanlauf mit 
den halbverdursteten, durch ein 54stündiges Gefecht erschöpften
	        
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