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War ganz recht. Wenn man von einem Freunde borgt, so muß man
sprechen wie der Herr Tomm; und wenn man einem Freunde aus
der Not hilft, so muß man sprechen wie der Herr Grell.
57. Warm muß ich werden.
Kommt einmal gegen Abend in eine Stadt in Deutschland ein
Fremder mit Extrapost an und verlangt Pferde, um weiterzufahren.
Ein baumstarker Postillon spannt an und fährt mit dem fremden
Herrn ab. Als sie in den zwei Stunden langen Wald kamen, fängt
es an Nacht zu werden. Es ist, als ob die Pferde selber eine beson⸗
dere Unruhe verspürten; sie liefen, daß man glaubte, die Stücke fliegen
davon. Plötzlich wurden sie aber angehalten, drei Räuber überfallen
den Wagen und verlangen von dem Reisenden, er solle ihnen alles,
was er habe, freiwillig geben, sie wollten ihn zwingen, daß er keine
Einsprache mehr machen koͤnne. Der Bedrängte ruft nun den Postillon
zu Hilfe. Dieser aber sitzt ruhig auf dem Bocke und schmaucht be—
haglich seine Pfeife, als ob ihn die ganze Geschichte nichts anginge.
Was wollte also der Fremde tun? Er steigt aus und muß zusehen,
wie ihm die Räuber alles was er an Geld und Geldeswert hat,
wegnehmen. Als nun endlich die Platte reingeputzt ist, sagte der
Fremde: „Mit Verlaub, ihr Männer, ich hätte noch eine Bitte, daß
ihr mir einen Dienst erweiset; ich will's nicht umsonst. In meiner
Kutsche ist noch eine verborgene Kiste mit fünfhundert Talern, die
sollt ihr haben, wenn ihr mir da oben den Postillon herunternehmt
und tüchtig durchwalkt.“
Zu einem so ehrlichen Verdienst lassen sich die Räuber nicht
zweimal auffordern. Sie reißen den Postillon herunter und trommeln
tüchtig auf ihn los. Eine Weile läßt er alles mit sich machen. End—
lich hebt er die Achseln und sagt: „Jetzt ist's genug.“ Eben gerade
als seine Peiniger daran sind, ihn ganz niederzuwerfen. Nun kehrt
er den Stiel um, packt den einen hüben und den andern drüben und
schlägt sie so aufeinander, daß ihnen das Herz im Leibe zittert und
sie umfallen, wie die Mücken im Herbst. Jetzt kniet mein Postillon
auf sie hin, und gibt ihnen das Draufgeld samt Zinsen wieder zu⸗
rück. Als das der Fremde merkt, gewinnt er Mut und macht es
mit seiner Leibwache ebenso. Mit Hilfe herzugekommener Leute gelingt
es dann, die Räuber zu binden und nach der Stadt zu bringen.
Unterwegs sagt der Fremde zu dem Postillon: „Aber hoͤr' einmal,
du bist ein sonderbarer Heiliger: Warum bist du denn so ruhig ge—
wesen, und hast mir nicht geholfen, und hast dich zuerst prügeln lässen?“
„Warm muß ich werden!“ antwortete der Postillon, „wenn ich
meine tüchtige Tracht Prügel habe, dann weiß ich erst, was ich bin,
dann kann ich erst recht tapfer um mich hauen.“