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162. Die Schlacht am trasimenischen See.
Zunächst schien es, als sollten sich Hannibals Hoffnungen
erfüllen. Den Winter blieb er noch im Gebiete des Po stehen.
Von dieser Ebene trennt der Hauptstock der Apenninen den—
jenigen Teil Italiens, in welchem Rom liegt. Deshalb besetzte
der eine der Konsuln des nächsten Jahres, Hlaminius, die Pässe,
welche in der Gegend des heutigen MArezzo über das Gebirge
führten. Da es aber auch möglich erschien, daß Hannibal auf
der östlichen Seite der Apenninen nach Süden zu ziehen vor—
hatte, so stellte sich ein zweites Heer unter Servilius bei Rimini
auf. Aber der schlaue Punier wählte sich einen andern Weg,
als die Römer erwarteéten. Mit dem Anbruch des Frühlings stieg
er mit seinem Heere über das Gebirge in das obere Tal des
Arno, früher, als die römischen Feldherren auf seinen Empfang
gerüstet waren. Es war freilich ein sebhr anstrengender Marsch
gewesen. Weit und breit waren durch starke Regengüsse alle
Niederungen überschwemmt; mehrere Tage und Mehte wateten
Menschen und Tiere durebh das Wasser, zum Schlafen fanden
sie oft keinen andern Fleck, als aufgehäuftes Gepäck oder die
Körper gesfallener Pferde. Rein WVunder, wenn ansteckende
Krankheiten viele hinrafften. Hannibal selbst, der auf dem ein-
zigen noch übrigen Elefanten ritt, verlor durch eine Entzündung
ein Auge. Dafur aber überraschte er auch die Römer vollstäündig
und wandte sich nun, das befestigte Lager des Konsuls zur Seite
lassend, auf der nach Rom führenden Straßbe gegen süden.
Flaminius folgte ihm, um einen Tagemarsch später, auf dem-—
selben Wege; so hatte es Hannibal erwartet, darauf baute er
seinen Plan. Die Stadt Cortona lag hinter ihm. Ehe man von
dort aus Perugia erreicht, führt dieé Straßbe an einem See, dem
See von Perugia oder dem trasimenischen see, entlang,
den im Norden und Osten die Höhen des Gebirges so umkränzen,
daß nur ein geringer Raum für den Weg frei bleibt. Hier legte
der punische Feldherr einen Hinterbalt. Unvorsichtig betrat
der Konsul Flaminius, obne die Gegend vorher untersuchen zu
lassen, die gefährliche sStelle. Als der letzte Mann des römischen
Heeres den Eingang des Engpasses betreten hatte, gab Hamnibal
plötzlich das Zeichen zum Angriff. Es war früh am Morgen, ein
dichter Nebel war vom See aufgestiegen und umhbüllte cdhe
Gegend, nur die Gipfel der Berge funkelten in der Sonne. Daher
gelang der Uberfall vollständig. So plötzlich wurde die Stille des
Morgens von kriegerischem Geschrei unterbrochen, so unver—
mutet vwurden die Römer von einem Hagel von Murfspießen
überschuttet, daß sie keine Zeit behielten, sich vom hbindernden
Gepũcke zu befreien und ihre Vaffen kampfbereit zu machen;
allè Ordnung fehlte, von einem Kommando konnte bei den Bö-
mern gar nieht die Rede sein. Jeder wehrte sich seines Lebens,
so gut er konnteé. Aber das Ganze war keine Schlacht, es war
eine einzige grobe Metzelei Wen nicht Spieß und Schwert
der Feinde mordete, der ward in den See gedrängt und ertrank