Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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beträgt die Hebung für jeden Umgang der Schraube auch nur 
Centimeter. Auch diese Wirkung erleidet indes noch eine beträchtliche 
Schwächung durch die beim Gebrauch jeder schiefen Ebene, wie wir 
beim Keil gesehen haben, unvermeidliche Reibung. Die große Be— 
rührungsfläche, welche die Schraube darbietet, die gleitende Bewegung, 
in der sie sich befindet, der gewaltige Druck, den sie zu erleiden hat, 
das alles sind Umstände, welche die Reibung oft in einem Grad ver— 
mehren, daß sie den größten Teil der Schraubenwirkung vernichtet. 
So unangenehm und störend aber auch im allgemeinen der Reibungs 
widerstand in unsre mechanischen Bewegungen eingreift, so nutzbar 
und wohltätig zeigt er sich doch bisweilen Unsre besten Befestiguüngs— 
mittel beruhen darauf, und als solche sehen wir ja unsre Schraube 
die gewöhnlichste und wichtigste Rolle spielen. Der keilförmige Nagel, 
der einer ziemlich heftigen Gewalt bedarf, um in den zu befestigenden 
Gegenstand getrieben zu werden, verliert seine Anwendbarkeit bei 
zarten und leicht beweglichen Gegenständen, die starken Erschütterungen 
nicht ausgesetzt werden dürfen. Die Schraube dringt langsam und 
sanft in solche Gegenstände ein und haftet doch der größeren Reibung 
wegen noch fester. Bei der spitzen, keilförmigen Schraube, die wir 
als Korkzieher kennen, wird diese Reibung so bedeutend, daß der 
Kork mit ihr aus der Flasche gezogen werden kann. Wo es über— 
haupt auf eine sanfte, aber in ihrer Stetigkeit kräftige Wirkung an— 
kommt, da findet die Schraubenform ihren Platz, und wie den Nagel 
windet man auch das Messer schraubenförmig, um als Bohrer Holz 
und selbst Metalle zu durchdringen. 
Von Hause aus soll die Schraube freilich keineswegs Befesti— 
gungsmittel, sondern Bewegungsmittel sein; man hat nur aus der 
Not eine Tugend gemacht. Ihrem Wesen nach ist die Schraube eine 
gewundene, schiefe Ebene, auf welcher Lasten auf- und niederbewegt 
werden sollen. Zu diesem Zwecke gilt es freilich, die Reibung mög— 
lichst zu vermindern. Die Schraube darf nicht erst wie ein spaltender 
Keil die Widerstände auseinanderdrängen und sich selbst gewaltsam 
den Weg bahnen; sie muß selbst ein Weg für bewegte Lasten werden. 
So ergibt sich eine doppelte Forderung, ein schraubenförmiger Weg 
und ein schraubenförmiger Körper, der die Last trägt und mit 
ihr auf jenem Weg auf- oder niedergleitet. Es bedarf mit andern 
Worten einer soliden und einer hohlen Schraube, einer Schrauben— 
spindel und einer Schraubenmutter. Beider Gewinde müssen genau 
meinander passen, und eine muß immer ruhend und unbeweglich 
sein, als der Weg, auf welchem die andere sich bewegen soll. Wollen 
die Zimmerleute eine bedeutende Hebung ausführen, so greifen sie 
gewiß statt des Keiles zur Schraube. Sie schieben dieselbe unter den 
Balken, drehen dann die Spindel mit Hilfe einer Hebelstange um, so 
daß sie sich aufwärts bewegt, und der Kopf derselben hebt dann die 
Last des Balkens, die auf ihm ruht, langsam empor. Hat diese
	        
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