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Nachbarschaft einen Sperling fangen und damit dem nahen Ge¬
hölze zustreichen. Bald darauf erschien er hoch auf einer Eiche
und sag dort lange im Scheine der Abendsonne. Ich benutzte
den günstigen Augenblick und donnerte ihn herab. In seinem
Magen fand ich nebst verschiedenen Knochen und unverdauten
Fleischresten zwei Paar Füge und zwei Schnäbel von Sper¬
lingen, ein Zeichen, dag er zur Abendmahlzeit zwei Stück da¬
von gebraucht hatte.
In der Gefangenschaft sind sowohl der Habicht als auch
der Sperber unbändige Gesellen, mit denen sich schwerlich ein
Mensch befreunden kann. Ihre Mordlust hat etwas Wider¬
wärtiges, ihre Bosheit etwas Absteigendes.
144. Feinde der Singvögel. Von Karl Ruß.
CVrt den deutschen Fluren und Wälderr: werden die Singvögel
\J immer seltener. Das ist für den Natur- und Tierfreund be¬
trübend, für den Landwirt und Forstmann beunruhigend.
Die langsame, aber ständige Abnahme der Singvögel hat meh¬
rere Ursachen. Die meiste Schuld an dem Aussterben der kleinen
Sänger haben die Italiener. In Italien stehen während der Zugzeit
an den Meeresküsten und auf den Inseln Tausende von Menschen mit
Flinten, Schlagnetzen und elektrischen Fangmaschinen bereit, um die
ankommenden müden Vögel niederzumachen. Sie verschonen nichts;
die Hans- und Rauchschwalbe wird ebenso verkauft und verspeist
wie die Lerche, die Bachstelze, das Rotkehlchen und die Nachtigall.
Die Tiere werden in Bündel zusammengebunden, in Säcke gepackt
und in großer: Eisenbahnladnngen ins Ausland versandt.
Auch in ihrer Heimat wird den kleinen Sängern das Leben
oft recht sauer gemacht. Dadurch, daß man die alten Bäume
herunterschlügt und Sträucher und Hecken ausrodet, nimmt man den
Vögeln die Gelegenheit zum Nisten. Manche Menschen nehmen
auch die jungen Singvögel aus den Nestern, um sie aufzufüttern
und in Käsiger: zu halten. Es ist aber sehr schwer, junge Vögel
aufzuziehen, und die meisten gehen dabei elend zugrunde. Darum
ist es ganz recht, daß das Gesetz eine solche Roheit strenge be¬
straft. — Eine große Schuld an dem Aussterben der Vögel haben
auch diejenigen Frauen und Mädchen, die sich nicht schämen, auf
ihren Hüten Vogelköpfe urrd -stügel oder gar gar:ze Vogelbälge
herumzutragen.