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ihres Schutzpatrons entfaltete jede Gilde ihre ganze Pracht. Der
Altar oder das Bild des Heiligen wurde feierlich bekränzt und eine
Menge Kerzen davor angezündet. Alle Mitglieder mußten im Hoch¬
amt erscheinen und „dort beten für die lebenden Brüder, daß Gott
sie stärke in einem guten und reinen Leben, und für die toten, daß
Gott ihnen die ewige Ruhe gebe." Nach dem Gottesdienste gin¬
gen die Zünftler zusammen ehrbar und brüderlich in eine ehrsame
Herberge.
Jede Gilde hatte ihre eigene Totenbahre und ein Bahrtuch.
Starb ein Mitglied, so gab ihm die ganze Zunft das Geleite zum
Friedhof. Kam ein Mitbruder in Not, so nahm sich die Gilde
liebevoll seiner an; denn für jede Gilde galt der Grundsatz: „Alle
für einen, einer für alle!"
384. Die Weberschlacht irr Cöln.
Von Mummenhoff und Rademacher.
9u jener Zeit des Mittelalters, als die Handwerkerzünfte wie in
O den übrigen deutschen Städten so auch in Cöln immer mehr er¬
starkten, gelangte hier besonders die Weberzunft zu großer Macht.
Im 13. Jahrhundert gab es in Cöln vier Weberinnungen; am be¬
deutendsten war die Innung der Wollweber. Sie führten im Wap¬
pen eine Spule und ein Garnbündel auf blauem Grunde und trugen
rote Gildenkleider und am Gurt ein kurzes Schwert. Ihr Zunfthaus
„Airsburg" war eins der stattlichsten. Nicht geringer schützten sie
ihren Stand als die adligen Herren oder Patrizier ihre Abkunft.
Welchen Reichtum sie besaßen, erkennt inan aus der sprichwörtlichen
Redensart: „Er ist so reich wie ein Cölner Tücher." Von den
übrigen Zünften Cölns trugen besonders die Maler, Goldschlniede
und Schwertfeger durch tüchtige Arbeiten zum Ruhme der Stadt
bei. In den Streitigkeiten der Stadt gegen die Oberherrschaft der
Erzbischöfe schritten die Ziinfte wohlbewaffnet mit zum Kampfe.
Auch gegen die Patrizier wußten die Handwerker durch ihren
Reichtum, ihre Tapferkeit und ihr Ansehen ihre Stellung zu be¬
haupten.
Einst führte der Cölner Rat für die Waren der Weber eineil
neuen Zoll ein. Die Weber aber erhoben stolzen Widerspruch, und
der Zoll wurde wieder aufgehoben. Ein anderes Mal brachten es
die Weber fertig, daß das Ratsmitglied Rütger Grin, ein reicher
Patrizier, eingekerkert und enthauptet wurde, weil er städtische Gel¬
der unterschlagen hatte. Eines Tages verlangten die Wollweber
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