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C. Bilder aus Heimat und
Vaterland.
86. Schlesien.
1. Deine grauen Burgen ragen 2. Reicher Felder schwanke Ähren
hell im Morgensonnenglanz, nicken schwer vom Morgentau;
winden um das Haupt der Berge saft'ge Halden, schatt'ge Wälder,
blütenvollen Sagenkranz. drüber hin des Himmels Blau.
3. Und Gesang, soweit im Lande
rüstig schafft der Männer Hand —
so bist du, mein liebes Schlesien,
sonnigschönes Heimatland. A. Lomnitz.
87. Die heilige Hedwig.
(Zum 15. Oktober.)
1. Die heilige Hedwig wurde im Jahre 1174 als die Tochter des
Herzogs Bertold von Meran und Grafen von Tirol geboren. Ihre
Mädchenjahre verlebte sie in einem Kloster in Bayern, wo sie eine sorg¬
fältige, gottesfürchtige Erziehung und eine vortreffliche geistige Ausbildung
genoß. Nach den: Willen ihrer Eltern vermählte sie sich in noch sehr
jungen Jahren mit Heinrich I., dem Herzog von Breslau und Nieder-
schlesien.
2. All Heinrichs Hofe herrschte Pracht und Glanz; Hedwig aber zeigte
eine entschiedene Abneigung gegeil alle irdische Herrlichkeit und lebte in
der größten Einfachheit als eül Mllster frommer Denmt intb Entsagung.
Sie trug nur geringe Kleidung und ging auch meistens im Winter
barfuß,- Schuhe legte sie nur an, wenn sie Personen von hohem Stand
erwartete. Um den bloßeil Leib trug sie einen Roßhaargurt. Nie schlief
sie in ihrem Bette, sonderil imnler auf hartem Boden. Gleich streng
war sie im Genusse der Speisen nnb Getränke. In den letzten vierzig
Jahren ihres Lebens aß sie nur Hülsenfrüchte, niemals Fleisch; an Sonn-
und Feiertagen genoß sie etwas Fisch und Bier, sonst genügte ihr grobes
Brot llnd Wasser. Ani Mittwoch und Freitag enthielt sie sich jeder
Nahrung. Täglich betete sie lallge, ans dem harten Boden kniend.
Die Wohltätigkeit der heiligen Hedwig ivnr unbegrenzt. Sie speiste
die Notleidenden, bekleidete die Dürftigen, pflegte die Krallkeil mit eigenen