Full text: Lesebuch für Schlesien

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Plötzlich ein Licht, so blendend, daß es zwang, die Angen zn schließen; 
ein knrzer, markerschütternder Krach, der in mißtönendem Knattern endete. 
„Das hat eingeschlagen!" rief der Professor besorgt. „Nicht in den Hof", 
versetzte das Mädchen nnbeweglich. Wieder ein Schlag nnd wieder ein 
Feuerschein nnd ein Schlag, wilder, knrzer, scharfer. „Es schwebt über 
nns", sagte Ilse rnhig und drückte das Haupt des kleinen Bruders an 
sich, als wollte sie ihn schützen. Hoch aufgerichtet, nnbeweglich stand sie 
da, umringt von, den angstvollen Geschwistern. Länger dröhnte der 
Donner, der Regen schlug an das Fenster, ein Wassergnß rasselte und 
klatschte um das Hans. Die Fenster zitterten in dem wütenden Anprall 
des Sturmes. „Es ist vorüber", sagte die Jungfrau leise. Die Kinder 
fuhren auseinander und liefen an das Fenster. 
5. Eine halbe Stunde später war alles vorüber. Über den Bergen 
lag noch die dunkle Wolke, und ans der Ferne tönte gefahrlos der Donner. 
In dem leeren Hofe regte sich wieder das Leben. Zuerst zog in fröh¬ 
lichem Eifer der Entenchor ans seinem Versteck, putzte die Federn, unter¬ 
suchte die Wasserlachen und schnatterte längs den Wagengeleisen. Dann 
kam der Hahn mit seinen Hühnern, vorsichtig schreitend und die quellenden 
Körner pickend. Die Tauben flogen an die Vorsprünge der Fenster, wünschten 
einander mit Verbeugungen Glück und breiteten die Federn im neuen 
Sonnenlicht aus. Nero fuhr in kühnem Sprung ans dem Hanse, trottete 
durch den Hof und bellte herausfordernd in die Luft, um die feindliche 
Wolke vollends zu verscheuchen. Dann schritten die Mägde und Arbeiter 
wieder rührig über den Platz und atmeten erfrischt den Balsam der 
feuchten Luft. Der Hofverwalter kam nnt> berichtete, daß es zweimal in 
den Berg nebenan eingeschlagen habe. Auch der Landwirt ritt in starkem 
Trabe herein, tüchtig durchnäßt, um git sehen, ob Hans und Hof ihm 
unversehrt geblieben. Er sprang fröhlich vom Pferde und rief: „Es hat 
draußen eingeweicht; aber gottlob! daß es so vorübergegangen ist. Solch 
Wetter ist seit Jahren hier nicht erlebt worden." 
Gustav Frcyrag. <Die verlorene Handschrift.)■ 
15. Aus dem „Lied von der Glocke". 
Der Mann muß hinaus 
ins feindliche Leben, 
muß wirken und streben 
und pflanzen und schaffen, 
5 erlisten, erraffen, 
muß wetten und wagen, 
das Glück zu erjagen. 
I. 
Da strömet herbei die unendliche 
Gabe, 
es füllt sich der Speicher mit köst¬ 
licher Habe; 
io die Räume wachsen, es dehnt sich 
das Haus. 
Und drinnen waltet 
die züchtige Hausfrau, 
die Mutter der Minder,
	        
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