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auch ihren Herrscher von Herzen. An allem, was im Schlosse geschah,
nahmen sie innigen Anteil.
Noch vieles erzählte der Königliche Kammerdiener. Er wußte auch,
daß der König neue Straßen in Berlin anlegen wollte. Als das Meister-
Stumpe hörte, wurde er ganz unruhig. Ein schönes, neues Haus, das
wünschte er sich schon lange. Er schellte nur die Kosten des Bauplatzes.
Jetzt kanl ihm ein glücklicher Gedanke. Rasch fing er an: „Wie muß
inan deml jetzt als armer Bürger den König anreden?" Henke lächelte,
denn er ahnte, was Stumpe im Sinne hatte. „Bis zilin Könige zu
kommen, ist nicht so leicht", sagte er. „Wer ihn sprechen will, der nulß
erst Erlaubnis dazu haben. Ein Königlicher Kammerherr fragt die Majestät
hierum an. Der Bittsteller wird dann — zur Audienz befohlen. Den
König nlllß man aber mit ,Eure Majestät* anreden."
Stumpe bedailkte sich vielmals. Im Geiste sah er schon sein neues
Haus. „Der gute König wird mir gewiß einen Bauplatz schenken", dachte
er, und er hatte sich wirklich nicht getäuscht. —
Mit vielen Dankesworten schieden die Bürger von dem Kammer-
diener. Zu Hause erzählten sie ihren Frauen und Kindern, was sie ge¬
hört hatten, Mld alle waren stolz darauf, einen König zu haben.
Alois Atzler. (Hohenzollerngeschichtcn. — Gekürzt.)
190. Eine Tagsahrt König Friedlich Wilhelms I.
a) Eine Kassenrevision.
1. (§s war an einem Jnlitage des Jahres 1730. Eine schwüle,
drückende Stille herrschte, wie sie großen Gewittern vorauszugehen Pflegt,
und die Sonne sandte ihre Strahlen senkrecht von dem unbewölkten Himniel
herab. Der kühle Hausflur des Amtsgebäudes zu Svldin war um diese
Zeit ein prächtiger Zufluchtsort, und der Königliche Domänen- und Kammer-
rat von Happelins hatte sich mit seiner Familie hier niedergelasstni, um
an der eichenen Tafel das Mittagsmahl recht behaglich einzunehmen. Die
Tafel des Rates war trefflich besetzt. Ein Hammelbraten mit Rübeli
folgte einer kräftigen Fleischbrühe; dann sollten Hechte, in Dill gekocht,
erscheinen, und den Schluß sollte ein Semmelpudding machen. Das alles
spülte man mit einem guten Bier hinunter.
2. Die Familie Happelins hatte unter heitern Tischgesprächen die
Suppe verzehrt, und der einladende Geruch des nahenden Hammelbratens
drang bereits durch die halbgeöffnete Flnrtür. Außer der Familie des
Rates befand sich am Tische noch Herr David Glöckner, der Amtssekretär
zu Soldin. Er war vor kaum einer Viertelstunde aus Cüstrin ange¬
kommen, wo er Geldangelegenheiten für die Domänenkannner zu ordnen
gehabt hatte. „Ihr seid heute früh um sechs Uhr von Cüstrin abge¬
fahren?" fragte der Rat. „Eurer Edeln zu dienen", antwortete der