(213) H. Wagner, Arzenei- und Wunderkräuter des Waldes.
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„Am 10. September — wir befanden uns einige Meilen von
Helgoland — wehte abermals ein schwerer Sturm aus Südwest; doch
abends lief der Wind nach Nordost und machte es unmöglich, das
Land anzulaufen. Morgens mit Tagesanbruch erkannten wir, ohne
bis dahin einen Lotsen gesehen zu haben, Langeooge und steuerten
nun längs dem Süd wall der WesermünduDg entgegen. Von Schilfen
keine Spur! Die Weser schien ausgestorben zu sein. „Wo stecken
die Lotsen? Liegen wohl wieder irgendwo hinter dem Buchweizen des
gestrigen Sturmes wegen! Nun, dann müssen wir ohne sie in die
Weser einlaufen; der Wind ist günstig und das Wetter ist klar,
die Außentonne wird wohl zu finden sein, da ist schon der Kirchturm
von Wangerooge." Nichtsahnend steuern wir weiter; der Turm peilt
Südsüdwest, er peilt Südwest zu Süd, Südwest, aber keine Tonne will
in Sicht. Kapitän und Steuermann sehen einander verwundert
an. Sollten wir uns geirrt und verrechnet haben? Doch nein: da
ist ja Wangerooge klar und deutlich, die Wassertiefe stimmt, unser
Kompaß ist auch richtig. Kein Zweifel, wir sind in der Weser; es
muß sich irgend etwas Ungewöhnliches zugetragen haben.
Noch immer kein Segel in Sicht. Doch was ist das dort in der
Jade? Da liegen ja mehrere große Schiffe unter Dampf; die können
uns wenigstens Auskunft geben. Also dort hinein. Wir begrüßten
die deutsche Flagge, und bald ertönte der Ruf zu uns herüber: „Es
ist Krieg, Krieg mit Frankreich, Napoleon gefangen, Frankreich zur
Republik erklärt, unsere Heere stehen vor Paris!" Und dann: „Hansa
im Eise zertrümmert, Mannschaft gerettet!“ Wir glaubten zu träumen
und standen starr vor Erstaunen ob so gewaltiger und herzergreifender
Nachrichten. Erst als vom „König Wilhelm" uns aus Hunderten
von deutschen Kehlen ein donnerndes Hurra entgegentönte, fanden
wir unsere Sprache wieder, und aus voller Brust antworteten wir:
„Hurra, hurra!"
Abends 6 Uhr liefen wir in Bremerhaven ein; am folgenden
Morgen konnten wir die Herren vom Bremer Komitee und einen Teil
unserer Kameraden von der Hansa begrüßen.“
91. Arzenei- und Wunderkräuter des Waldes.
Nach H. Wagner, Entdeckungsreisen im Wald und auf der Heide.
Wider alle Wunden gibt’s ein kräftig Kraut;
der hat Heilung funden, der dies Kräutlein baut.
In des Glaubens Garten ist es nur zu schaun;
lern’ das Kräutlein warten: es heißt Gottvertraun.
Tieck.
Man hatte früher allgemein die Ansicht, ¿er liebe Gott habe
jedes Gewächs im Walde und im Felde geschaffen, damit es dem
Meyer u. Nagel, Deutsches Lesebuch. Ausg. L. Teil III. 14