Full text: (Für das 5. und 6. Schuljahr) (Abteilung 1)

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Friedrich, wir wollen zusammen die Kaiserkrone tragen!“ Und sie lebten 
hon Slunde an wie Brüder, aßen an einem Tische, schliefen in einem 
Bette, und wenn einer abwesend war, besorgte ihm der andere seine 
Geschäfte und behütete sein Land. 
140. Deutsche Treue. 
Uns Deutsche hat keine Tugend so hoch gerühmt und (wie ich glaube) 
bisher so hoch erhoben und erhalten, als daß man uns für treue, wahr— 
haftige, beständige Leute gehalten hat, die da haben Ja — ja, Nein — 
ein lassen sein, wie des viel Historien und Bücher Zeugen sind. Wir 
Deutschen haben noch ein Fünklein (Gott woll's erhalten und anblasen!) 
von derselben alten Tugend, nämlich, daß wir uns doch ein wenig schämen 
und nicht gern Lügner heißen, nicht dazu lachen, wie die Welschen und 
Griechen, oder einen Scherz daraus treiben. Und obwohl die welsche und 
griechische Unart einreißt (Gott eh ist dennoch gleichwohl noch 
zZas übrig bei uns, daß kein ernster, greulicher Scheltwort jemand reden 
oder hören kann, denn so er einen Lügner schilt oder gescholten wird. 
Und mich dünkt, daß kein schädlicher Laster auf Erden sei, denn Lügen 
und Untreu beweisen, welches alle Gemeinschaft der Menschen erltenn. 
Denn Lügen und Untreue zertrennt erstlich die Herzen; wenn die Herzen 
zertrennt sind, so gehen die Hände auch voneinander; wenn die Hände 
boneinander sind, was kann man da oder schaffen? Wenn Kaufleute 
einander nicht Glauben halten, so faͤllt der Markt zu Grunde. Wenn 
Mann und Weib einander nicht treu sind, so läuft sie hinten aus, der 
Mann vorn aus, und geht, wie jener nt r liebe Else, wehre, daß 
wir reich werden; zerbrich du Krüge, so zerbreche ich Töpfe. Wenn ein 
Bürgermeister, Fürst, König nicht Geleit treulich hält, da muß die Stadt 
verderben, Land und Leute untergehen. Darum ist auch im welschen Lande 
solch schändlich Trennen, Zwietracht, Unglück. Denn wo Treue und Glaube 
aufhöret, da muß das Regiment auch ein Ende haben. Christus helfe uns 
Deuts chen! Quther. 
141. Stadt und Schloß Allstedt. 
Die Stadt Allstedt, die sich eines tausendjährigen Alters rühmen darf, liegt 
an der nordöstlichen Grenze der reich gesegneten Goldenen Aue. Es ist eine 
nette, freundliche Stadt des schönen Thüringer Landes. Ihre Straßen laufen 
größtenteils gerade, sind ziemlich breit und gut gepflastert. Die Wohnhäuser, 
deren Zahl vierhundert nicht übersteigt, machen durch ihr einfaches sauberes 
Außere einen angenehmen Eindruck. Besonders hervorragende Gebäude hat 
die Stadt nicht. Erwähnenswert ist das altertümliche Rathaus und die Kirche, 
die einfach, geräumig, sehr hoch und hell ist und eine vortreffliche Orgel be— 
sitzt. Von der ehemaligen Wippertskirche sind nur noch Überreste vorhanden, 
gemeiniglich „der Dom“ genannt; sie dienen jetzt Unbemittelten zur Wohnung. 
Die Einwohner, 1888 etwa 3280, treiben vornehmlich Handwerk und 
Ackerbau. Auch einige Fabriken, darunter eine Zuckerfabrik, die täglich 
uüͤber 3000 Zentner Rüben verarbeitet, sind in den letzten Jahrzehnten 
entstanden. Von den 4 Jahrmärkten verdient besonders der Lindenmarkt, 
so genannt nach der vierfachen Lindenallee, unter deren kühlem Schatten 
er anfangs Juli gehalten wird, Erwähnung, da derselbe das Gepräge eines 
Volksfestes an sich trägt.
	        
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