Full text: (Für das 5. und 6. Schuljahr) (Abteilung 1)

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Dann giebt es im Thüringer Wald Glasfabriken; denen muß auch 
das Holz helfen; denn das Feuer schmelzt da aus Kiesel und Asche das 
Glas. Das ist anfangs so weich, daß die großen Tafeln, wie sie in 
unsern Fenstern stehen, wie Papier zusammengerollt und ausgeglättet 
werden, und daß Trinkgeschirre und allerlei Glasgeräte wie Seifenkugeln 
geblasen werden. Ferner muß das Holz vielen Porzellanfabriken den 
Ofen heizen; dabei finden auch wieder viele fleißige Ärbeiter Nahrung; 
und es giebt auf dem Walde mehr als tausend Porzellanmaler, die jahr 
aus, jahrein Pfeifenköpfe, Tassen und dergleichen malen. Das Thüringer 
Porzellan aber geht hinaus in den Handel, mitunter bis nach Konstantinopel. 
Von dem Holze nährt sich auch der rußige Köhler, der in dampfenden 
Meilern die Holzkohlen für Eisenhütten und Schmieden bereitet. Andere 
zapfen den Bäumen das Harz ab und bereiten Pech und Kienruß daraus. 
Viele machen sich auch damit einen Verdienst, daß sie, besonders zur Winter— 
zeit, wo es im Freien nicht viel zu verdienen giebt, Mulden, Stiefel— 
knechte, Quirle und allerhand Holzgeräte schnitzen. Geschicktere Hände 
schnitzen aus dem Holze auch allerhand Spielwaren; das geschieht be— 
sonders in der Gegend von Sonneberg, wo überhaupt gar viel schönes 
Spielwerk gefertigt wird. Die bunten Sonneberger Waren sind auf 
allen Jahrmärkten zu sehen, und selbst die Kinder in Amerika kennen sie 
und freuen sich, wenn ein Schiff mit Sonneberger Spielzeug ankommtt. 
Wo die Waldungen gelichtet sind, da wächst wohl auch Getreide und 
etwas Obst, aber freilich nicht so gut und reichlich wie unten in den 
warmen Thälern und Ebenen, wo hie und da selbst Wein gebaut wird. 
Doch besitzt der Thüringer seine Kartoffeln, die auf den höchsten Bergen 
fortkommen. Auch hat der Wald wieder manche Frucht, die man in den 
Ebenen nicht findet; zur Sommerzeit bietet er einen unendlichen Reichtum 
von Erdbeeren, Heidelbeeren und Preißelbeeren. Das ist ein Tisch, von 
dem jeder kecklich zulangen kann, und der Wirt fordert keine andere Be— 
zahlung als ein frommes: Gott sei gedankt! 
Aber wem gehört der Wald? — Ei nun, wo nicht hier und da ein 
reicher Mann ein Stückchen gekauft hat, gehört der Wald dem Fürsten 
oder dem Lande oder den Gemeinden. Die Obrigkeit läßt die Bäume 
pflanzen und pflegen und sorgt auch, daß du unangefochten durch den 
dichtesten Wald gehen kannst. Drum ist's auch Diebstahl und Sünde, 
wenn einer im Walde Holz haut, das ihm nicht vom Förster angewiesen ist. 
Kühner. 
13. Wie die Bäume des Thüringer Waldes 
auf Reisen gehen. 
Wenn unsere Thüringer Waldbäume von ihren hohen Bergen so 
hinaussehen in die schöne Welt, bekommen sie auch Lust zur Wander— 
schaft. Aber mit der Post können sie freilich nicht reisen, und sie brauchen's 
auch nicht; denn sie haben im Walde einen guten Freund, der sie ohne 
viel Fuhrlohn mit hinaus in die Welt nimmt. Weißt du, wer er ist? 
In verborgner Bergkammer ist er daheim; da liegt er als Kind still in 
krystallner Wiege, und die Wolken schicken ihm heimlich Nahrung zu; kein 
menschliches Auge hat noch in seine verborgene Kammer geschaut. Aber 
wenn er nun kräftig geworden ist, tritt er leise zum Berge heraus. Mit
	        
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