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•fiehr zugefügt; selbst in den Augen eines Goethe war der Cölner
Dom nur „eine schöne Ruine“. Aber zu Anfang des 19. Jahr¬
hunderts, als für die Rheinlande die segensreiche Zeit der preu¬
ßischen Herrschaft begann, wurde auch an den Weiterbau des
Cölner Domes gedacht. König Friedrich Wilhelm IV. sah das
Zerfallende Kunstwerk mit seinen unvollendeten Schiffen und
fallen, mit den unfertigen hohen Chören, Säulen und Kuppeln.
Der kunstsinnige Herrscher sprach das tröstende Wort: „Wohlan,
so soll es nicht länger sein!“ Er schenkte zum Weiterbau jähr¬
lich 15 000 Mk. Ein Dombauverein wurde gegründet. Aus ganz
Deutschland flössen Gaben herbei. Das Werk wurde 1842 wieder
aufgenommen, und 38 Jahre später stand der herrliche Dom voll¬
endet da. In Gegenwart des Kaisers Wilhelm I., der Kaiserin
Augusta, des Kronprinzen Friedrich, seiner Gemahlin Viktoria und
aller Fürsten des Reiches fand am 15. Oktober 1880 unter Fest-
Geläute und Kanonendonner die Einweihungsfeier statt. Weit ins
Land dröhnt fortan an hohen Festen vom Hauptturme herab das
schwere Geläute der großen Kaiserglocke. Sie wurde gegossen
aus 22 französischen Kanonen, die im Deutsch-Französischen Kriege
erbeutet waren. Kaiser Wilhelm I. hat sie dem Dome geschenkt.
Auf ihrer schimmernden Oberfläche prangt in metallenen Buch¬
staben der Spruch:
„Die Kaiserglocke heiß’ ich.
Auf heil’ger Warte steh’ ich.
Des Kaisers Ehre preis’ ich.
Dem Deutschen Reich erfleh’ ich,
Daß Fried’ und Wehr
Ihm Gott bescher’.“
213. Der Eisgang des Rheins von 1784.
Montanus.
Der Spätsommer des Jahres 1783 war sehr regnerisch,
die Herbstflut ungemein stark. Als vor Weihnachten heftiger
Drost eintrat, stand der Rhein über seinen gewöhnlichen Ufern,
fast in der Wasserhöhe des Flutjahres 1740. Am 8. Januar
1784 stellte sich das Rheineis unterhalb Mülheim mehrmals,
brach aber immer wieder durch. Am 10. Januar stand die
Lesebuch für Oberklassen. D. 21