304 Italienischer Krieg. Garibaldi.
dinien übergibt: die italienischen Staaten sollen unter dem Ehrenvorsitz des
Papstes einen Staatenbund bilden, die vertriebenen Fürsten von Toskana und
Modena sollen wieder in den Besitz ihrer Länder gesetzt werden, falls ihre
eigenen Unterthanen sie zurückrufen. Von dem letzteren war aber keine Rede
Vielmehr sprach sich nicht bloß die Volksabstimmung in Toskana, Modena und
Parma für den Anschluß an Sardinien aus, sondern auch die Nationalver¬
sammlung in Bologna erklärte, daß der ganze nördliche Theil des Kirchen¬
staates, die sogenannte Emilia, sich an Sardinien anschließe. Zum Dank für
seinen Beistand erhielt Napoleon von Viktor Emanuel Savoyen und Nizza,
welche Abtretung von der Bevölkerung durch eine von dem französischen Kom¬
missär trefflich geleitete Abstimmung bestätigt wurde. Der Protest der Schweiz,
welche an ihre vertragsmäßigen Ansprüche an das nördliche Savoyen erinnerte
und sich auf die Garantie der Großmächte berief, wurde nicht beachtet.
Diese staatlichen Umwälzungen mußten auch auf Unteritalien einen auf¬
lösenden Einfluß ausüben. Ferdinand II., König von Neapel und ©icilien,
hatte sich durch Despotie verhaßt gemacht. Nach seinem Tode (1859) bestieg
sein unerfahrener Sohn Franz II., den Thron. Durch die Entlassung der
Schweizersöldner beraubte er sich der zuverläßigsten Truppen. Garibaldi
11. Mai 1860. landete mit 1000 Freiwilligen an der Westküste Siciliens bei Marsala, ver¬
stärkte sich durch bedeutende Zuzüge, eroberte Palermo, befreite die ganze Insel,
setzte nach Neapel über, fand in allen Städten begeisterte Anhänger und zog
7. Sept. in der Hauptstadt wie ein Triumphator ein, entschlossen, nach Niederwerfung
des königlichen Heeres, das sich mit Franz II. nach Capua und GaAa zurück¬
gezogen hatte, auf Rom loszugehen und auf dem Capitolium das Königreich
Italien zu proklamiren. Um ihm zuvorzukommen, rückte der sardinische General
Cialdini im Kirchenstaat ein und besiegte das päpstliche Heer unter dem fran-
18. Sept. zösischen General Lamoriciere bei Castelfidardo. worauf die Marken und
Umbrien sich an Sardinien anschloßen. Darauf übernahm Viktor Emanuel selbst
den Oberbefehl, zog nach Neapel, welches nebst Sicilien gleichfalls seinen Anschluß
aussprach, Garibaldi legte seine Diktatur nieder und begab sich wieder nach der
Insel Caprera. König Franz schloß sich mit dem Rest seines Heeres in der
Festung Gaöta ein und hielt eine dreimonatliche Belagerung aus. Aber es
l3.Febr. 1861. blieb ihm zuletzt nichts übrig, als zu kapituliren, worauf er sich nach Rom
unter den Schutz des Papstes begab.
Mit Ausnahme von Rom (nebst dem sogenannten Patrimonium Petri)
und von Venetien war nun ganz Italien unter dem Scepter Viktor Emanuels
18.Febr.vereinigt. Er nannte sich von da an König von Italien, und das erste
6. Juni, italienische Parlament wurde in Turin eröffnet. Mitten unter den Bestrebungen,
den Einheitsstaat auch innerlich zu vollenden, starb Graf Cavour. Seine Nach¬
folger waren nicht zugleich die Erben seiner Gewandtheit. Im Finanzwesen sah
es schlimm aus, der höhere Klerus zeigte sich entschieden feindselig, in Neapel
wuchsen die Räuber zu einer Macht heran, gegen welche man förmlich zu Felde
ziehen mußte. Und nicht genug mit diesen Verlegenheiten: die Heißblütigsten
verlangten die alsbaldige Eroberung Roms und Venedigs, ja sogar des süd¬
lichen Tirols, Istriens und der dalmatinischen Küste. Aufs neue sammelte
Garibaldi seine Freiwilligen in Sicilien, landete mit 3000 in Kalabrien und
rief; „Rom oder den Tod!" Auf Napoleons Verlangen schickte die italienische
28.Aug. 1862.Regierung Truppen gegen ihn; bei Aspromonte kam es zum Gefecht,
Garibaldi wurde verwundet, seine Leute geschlagen und zersprengt. Doch war
es nun Zeit, daß Napoleon, welcher nirgends fremde Truppen dulden wollte.