Full text: Lesebuch für die Oberklassen katholischer Volksschulen des Regierungsbezirks Düsseldorf

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mich wohl vernommen? willst niemals du die Frage tun?" „so¬ 
lange Sonn' und Mond am Fimmel gehen, solang ein herz in meiner 
Brust noch schlägt, soll nie die Frage über meine Lippen kommen!" 
Da sprach der Bitter: „habe Dank, du holde! Buf Händen will ich 
dich durchs Leben tragen, daß fern dir bleiben der Erde Leid und 
Clual. — Doch jetzt geh' ich zum Bampf. weih mir ein still Gebet, 
auf daß der Herr im Himmel meine Waffen segne!" 
Laut klirren die Schwerter aneinander, hin und her wogt der 
Bampf der beiden Becken. Da — vom Schwerte des fremden Bit¬ 
ters getroffen, stürzt der Herzog zu Boden. „Durch Gottes Sieg ist 
jetzt dein Leben mein," sprach der Sieger. „Ich schenke es dir,' doch 
sollen bis zum letzten Btemzuge dir Scham und Beue tief im Busen 
sagen, was du an Elsa von Brabant gefehlt!" Bur leicht war die Wunde 
des Besiegten, und hilfreiche Hände der Seinen leiteten ihn hinweg- 
Herzog Friedrich war durch das falsche Zeugnis seiner Gemahlin 
Drtrud zu seiner Bnschuldigung bestimmt worden. Grtrud gestand 
ihrem Gemahl jetzt ein, daß sie Elsa grundlos des Mordes verdächtigt 
habe, um ihr das schöne Vrabanter Land zu entreißen. Da faßte den 
Herzog ein großer Zorn, und fast hätte er seinem Weibe ein Leid an¬ 
getan,- doch wußte Grtrud seinen Grimm durch listige Worte von sich 
abzulenken. Sie gemahnte ihn an die Schmach, die ihm der fremde 
Bitter zugefügt, und sagte, der Sieg wäre nur durch Zauberei errun¬ 
gen,' sobald der Schwanritter seinen Bamen nenne, sei seine Zauber¬ 
kraft dahin. Schlaflos brachte Friedrich die Bacht auf seinem Lager 
zu. Bachedurst erfüllte sein herz, und er schwur Vergeltung. 
Bis der Morgen heraufgezogen war, begab sich alles zur hoch' 
zeitsfeier zur Birche. Da trat Herzog Friedrich vor dem Gotteshause 
dem Hochzeitszuge entgegen, beschuldigte seinen Gegner der Zauberei 
und forderte ihn auf, seinen Bamen zu nennen. Doch der Bitter spracht 
„Niemand darf meinen Bamen wissen, selbst nicht der Bönig, nur eine 
Elsa. Elsa, bei dir liegt all unser Glück, willst du die Frage an 
mich tun?" Elsa antwortete: „Mein Better und Beschützer! was ich Qe* 
lobte, will ich treulich halten. Biemals will ich die Frage an dich \^' 
len." Da wandte sich Herzog Friedrich mit zornerfülltem Herzen von 
dannen. Die andern zogen unter dem Festgeläute der Glocken 3ul 
Vermählung in die Birche. 
Bber Friedrichs Worte hatten furchtbare Zweifel in Elsas Seele 
gesenkt, und nach der Feier flehte sie zu ihrem Gemahl mit schwel'
	        
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