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die Notwendigkeit einer stärkeren Flotte erkannt hatten, setzte er
sich mit den verbündeten Regierungen der Einzelstaaten in Ver¬
bindung. Den Vertretern der Einzelstaaten, also dem Bundesrat,
wurde dann der Plan vorgelegt, wie die Verstärkung durchgeführt
werden sollte. Die Bevollmächtigten zum Bundesrat berieten die
Angelegenheit, sie kamen auch zu dem Entschluß: Ja, wir müssen
eine größere Flotte haben, wenn im Kriege Deutschlands Küsten,
und wenn im Frieden unsere Kaufleute, die jenseits des Ozeans
Geschäfte treiben, durch unsere Flotte überall genügend geschützt
sein sollen. Der ganze Plan wurde nun in allen Einzelheiten fest¬
gelegt und ging als Gesetzentwurf an den Reichstag. In öffentlicher
Sitzung wird er dort beraten, man lobt ihn, man tadelt ihn, und
dann verweist ihn der Reichstag an eine Kommission, das ist
eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern, die ihn noch einmal in
allen Einzelheiten durchprüft. Darauf folgen, wieder im Reichs¬
tage, eine zweite und eine dritte Lesung des Gesetzentwurfs, bis
dieser dann endlich angenommen oder abgelehnt wird. Ist der Ge¬
setzentwurf vom Reichstag angenommen, so unterliegt er nochmals
der Beratung des Bundesrats, ehe er Gesetz wird. Dann erst läßt
der Kaiser das Gesetz im Reichsgesetzblatt verkünden.
Bundesrat und Reichstag haben namentlich bei dem Haushalt
des Reiches ein Wort mitzusprechen. Was ist das aber: Reichs¬
haushalt? Nun, wir können den Begriff wohl mit dem Haushalt
einer Familie vergleichen. Ein Vater hat seine Einnahmen und
seine Ausgaben, und bei letzteren helft ihr Jungen und Mädchen ja
wacker mit. Der Vater sagt sich aber auch: so und so viel Mark
nimmst du ein, so und so viel Mark darfst du ausgeben, und er
teilt möglichst im voraus seine Ausgaben ein. Er macht also als
ordentlicher Haushalter einen Voranschlag; ebenso wird für das
Reich ein Haushaltsetat, auch Budget genannt, für jedes Jahr im
voraus aufgestellt. An Ausgaben ist dabei nie Mangel, ffber sie
brauchen wir uns den Kopf nicht zu zerbrechen. Aber woher stam¬
men nun die Einnahmen des Reiches?
Um es möglichst kurz zu fassen, sie stammen erstens ans den
Zöllen, die an den Grenzen des Reiches von gewissen aus dem Aus¬
land eingeführten Gegenständen erhoben werden. Gibt's z. B. bei
Tisch eine Flasche französischen Rotwein, so ist für diesen Wein schon
an der deutsch-französischen Grenze ein Zoll erhoben worden. Zwei¬
tens stammen sie aus bestimmten Steuern auf Gebrauchsgegen-
stände. Wirfst du z. B. ein Stückchen Zucker in deinen Kaffee, so
kannst du dir sagen, der im Inland erzeugte Zucker ist mit einer
Steuer belegt, während auf den Kaffee, der ja aus dem Auslande