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gerade zwischen die Erde und die Sonne hineinrückt, nicht höher und nicht tiefer, so können
wir vor ihm am hellen Tage die Sonne eine Zeit lang nimmer sehen oder doch nicht ganz
und das ist alsdann eine Sonnenfinsternis. Sie kann nur im Neumond stattfinden.
Wenn aber im Vollmond die Erde gerade zwischen die Sonne und den Mond hineintritt,
nicht höher und nicht tiefer, so kann die Sonne nicht ganz an den Vollmond scheinen,
weil die Erde ihren Strahlen im Wege steht. Dies ist alsdann eine Mondfinsternis.
Die Dunkelheit, welche wir am Mond erblicken, ist nichs anderes als der Schatten von
unserer eigenen Erde, und ein solches Beispiel am Mond kann nur im Voll-Licht gegeben
werden. Alle diese Finsternisse nun, die einzig von der Bewegung des Mondes und der
Erde herrühren, wiffen die Sternseher und Kalendermacher ein ganzes Jahr und, wenn's
verlangt wird, auf weiter hinaus vorherzusagen. Und wenn sie jemand fragte: „Woher
wißt ihr das, daß die Sonne und der Mond so groß ist, oder so und so weit oder so
nahe. und daß sich die Erde und der Mond auch ganz gewiß so bewegen, wie's euch vor¬
kommt; — wer ist dort gewesen und hat's gemessen?" — so würden sie mit Recht ant¬
worten: „Wenn wir das nicht gewiß wüßten und auf das Haar, so könnten wir nicht auf
das Jahr und, wenn's verlangt wird, auf weiter hinaus eine Finsternis voraussagen,
auf welchen Tag, ja, auf welche Minute sie anfängt, und wie tief sie sich in den Mond
oder in die Sonne hineinfrißt."
Siebentens: Wenn der Mond in seinem vollen Licht am Himmel erscheint, so
sieht er bei alledem sonderbar aus mit seinem trüben Gesicht und mit seinen helleren
und blässeren Flecken. Denn bekanntlich ist die Helle nicht gleichmäßig über ihn verbreitet,
sondern ungleichmäßig. Dannt hat er die Gelehrten lauge Zeit geneckt und ihnen weiß
gemacht, die helleren Teile seien Land, von welchen die Lichtstrahlen wieder zurückprallen,
und die dunkleren seien Wasser, welches die Lichtstrahlen verschluckt. Allein mit einem
gehörigen Fernglas, wie es in vorigen Zeiten keine gab, hat ein rechtschaffener Sternseher,
Namens Schröter, ganz andere Dinge auf dem Monde entdeckt, als Land und Wasser,
nämlich auch Land, aber kein Wasser, sondern weite Ebenen, hohe Berge und tiefe
Abgründe von wunderbarer Gestalt und Verbindung. Hat er nicht ihren Schatten sogar
beobachtet, wie er sich vom Abend gegen Morgen bewegt, verkürzt und verlängert? Hat
er nicht zuletzt sogar aus dem Schatten der Berge ihre Höhe ausgerechnet? Die höchsten
Berge aus dem Monde sind so hoch, wie die höchsten auf der Erde. Man bekommt Ach¬
tung vor dem Sternseher und vor der göttlichen Allmacht, die einem schwachen Menschen¬
kinds den Verstand und die Geschicklichkeit geben kann. auf so weite Entfernungen Berge
auszumessen, die unser einer gar nicht sieht. — Fragt man nun noch
achtens und letztens, was denn eigentlich der Mond am Himmel zu verrichten
habe? — Antwort: Er erhellt durch sein mildes Licht, welches der Widerschein von seinem
Sonnenschein ist, unsere Nächte und sieht zu, ob des Nachts alles ordentlich hergehe. Er
ist der eigentliche Hausfreund und der erste Kalendermacher unserer Erde und der oberste
Nachtwächter, wenn die anderen schlafen. Peter Hebel.
330. Der Sternenhimmel.
Der Himmel stellt sich als ein großes, blaues Gewölbe dar, das auf den
äußersten Rändern unseres Gesichtskreises aufliegt, und an dessen innerer Wölbung
die Sterne gleich goldenen Nägeln befestigt sind. Einige dieser Himmelslichter
funkeln in hellem Glanze; andere leuchten in einem milderen, sanfteren Lichte