V. Deutsche Slljjeil.
121. Wie die Wodensmühle entstand.
n der Nähe meines Heimatdorfes, eine kleine halbe Stunde
bergaufwärts, befand sich eine schmale Waldblöße, die mit
Trümmern aller Art übersät war. Seitlich vom Laufe des Baches
ließ sich ein alter Mühlgraben erkennen, der gewöhnlich trocken war
und nur bei schweren Ungewittern und bei rascher Schneeschmelze
Wasser führte. Niedrige, brandgeschwärzte Mauerreste zeigten, daß
vorzeiten hier einmal ein Gebäude gestanden und Menschen gehaust
hatten, und ein runder, halbversunkener Stein mit einem viereckigen
Loche in der Mitte ließ vermuten, daß das Gebäude eine Mühle ge¬
wesen war. Daher hieß denn auch diese Stätte noch in meiner Kind¬
heit die Wodensmühle, obwohl seit Menschengedenken daselbst nichts
anderes gestanden als Trümmer und Unkraut und auch die ältester:
Leute sich nicht erinnerten, daß es dort se eine Mühle und einen
Müller gegeben habe.
Nur einer machte hiervon eine Ausnahme; das war mein Gro߬
vater. Der war voll alter Geschichten, und Mären, weiß nicht, wo
er sie gehört und aufgelesen —, war ein nachdenklicher, alter Mann,
und was man ihr: auch fragte, er wußte Bescheid. Dann erzählte er,
wie einst alles gewesen und kannte und nannte es bei Namen, Ort
und Zeit, und das tat er in seiner eigenen, wunderlichen Weise, die
einem jeden zu Herzen ging. Nach der Wodensmühle hinauf führte
ein alter, krummer und lehmiger Hohlweg, der schon lange nicht mehr
zum Fahren benutzt wurde. Abfließendes Regenwasser hatte im