darauf mein gutes Auskommen. Seitdem habe ich fortgefahren, jede
Ausgabe zu berechnen und keine Ersparnisse zu versäumen. Johann
Schaller aber blieb, was er gewesen war, ein flotter Bursche, wie er sich
selbst zu nennen pflegte. Ihr seht, wohin wir beide gekommen sind:
seht die Lumpen seiner Armut, sein Alter vor der Zeit, sein Säufer- 5-
gesicht, die Schmach und Verachtung, die ihn trifft — und meinen Wohl¬
stand, meine Gesundheit, meinen guten Ruf! Sein Elend ist das Gläschen
Schnaps, das er schon in seinen jungen Jahren zu sich nahm, wenn er
eben das Bett verlassen hatte, während der Groschen, den ich täglich er¬
sparen konnte, den Grund zu meinem Glücke gelegt hat." So sprach 10
mein Gefährte auf der Wanderschaft. Ich habe feitbem oft an das
Gläschen Branntwein gedacht und habe dessen Geschichte schon manchem
zur Lehre und Ermahnung mitgeteilt.
66. Von Hans Mahraun.
3n Naumburg an der Saale kannte ich einen alten Bürstenmacher. Er 1»
hatte immer nur eine sehr kleine Auswahl auf Lager, und die meisten
Leute, wenn sie auch früher zu seiner Kundschaft gehört hatten, zogen seinem
Geschäfte deshalb schon lange den in der Nähe gelegenen, reich ausgestatteten
Laden einer größeren Bürsten- und Kammfabrik vor. Ich aber blieb
noch immer dem Alten treu und bin oftmals auch in seine Werkstatt, die er 20
gleich hinter dem ärmlichen Verkaufsraum hatte, eingetreten. Er machte
seine Bürsten von Anfang bis Ende mit eigener Hand fertig. Das rohe
Holz kaufte er im Walde, er zersägte die Kloben, schnitt, hobelte und
polierte die Stücke, bis die Bürstenform allmählich erkennbar wurde.
Das war die reine Tischlerarbeit. Dann stand er wieder tagelang an 25
seiner Bohrmaschine, deren Rad er mit dem linken Fuße in Bewegung
setzte, um die Löcher für die Borsten zu bohren — eine feine und müh¬
same Arbeit; denn wenn die Löcher nicht sauber aneinander stehen, verliert
die Bürste ihr Ansehen. Danach kam das Einsetzen der Borsten. Er
kaufte sie selbst von den Bauern und Schlächtern als Rohware, auch sie 30
bedurften noch mancherlei Behandlung, ehe sie zum Verbrauche fertig
waren.
Eines Tages hatte ich Gelegenheit, mir auch einmal die schon
genannte große Bürstenfabrik anzusehen. Der Geschäftsherr war zwar
nicht zu Hause; aber der Werkführer hatte die Freundlichkeit, mir den 35
Betrieb zu zeigen. Zuerst führte er mich in die Tischlerei, da wurde
die ganze Holzarbeit besorgt. Die Leute, die dort beschäftigt wurden,
waren gelernte Tischler, die mit der Bearbeitung des Holzes gründlich
vertraut waren, und die nun, nachdem sie sich jahrelang der Bürsten¬
fabrikation allein zugewandt hatten, einen ganz besonderen Grad der 40
Fertigkeit in diesem Arbeitszweige besaßen. Aus der Tischlerei wanderte