Full text: [Teil 3 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 3 = Oberstufe, [Schülerband])

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301. Fürst Bismarck. 
1. Ein Brief Wilhelms des Großen. 
Berlin den 1. April 1885. 
^Hein lieber Fürst, wenn sich in dem deutschen Lande und Volke das 
5 4J4J v warme Verlangen zeigt, Ihnen bei der Feier Ihres 70. Geburts¬ 
tages zu betätigen, daß die Erinnerung an alles, was Sie für die Größe 
des Vaterlandes getan haben, in so vielen Dankbaren lebt, so ist es mir 
ein tiefgefühltes Bedürfnis, Ihnen heute auszusprechen, wie hoch es mich 
erfreut, daß solcher Zug des Dankes und der Verehrung für Sie durch 
10 die Nation geht. Es freut mich das für Sie als wahrlich im höchsten 
Maße verdiente Anerkennung, und es erwärmt mir das Herz, daß solche 
Gesinnungen sich in so großer Verbreitung kund tun; denn es ziert 
die Nation in der Gegenwart, und es stärkt die Hoffnung auf 
ihre Zukunft, wenn sie Erkenntnis für das Wahre und Große 
15 zeigt, und wenn sie ihre hochverdienten Männer feiert und 
ehrt. An solcher Feier teilzunehmen, ist mir und meinem Hause eine 
besondere Freude, und wünschen wir Ihnen, durch beifolgendes Bild 
(Kaiser-Verkündigung in Versailles) auszudrücken, mit welchen Empfin¬ 
dungen dankbarer Erinnerung wir dies tun; denn es vergegenwärtigt 
20 einen der größten Augenblicke der Geschichte des Hohenzollernhauses, dessen 
niemals gedacht werden kann, ohne sich zugleich auch Ihrer Verdienste zu 
erinnern. Sie, mein lieber Fürst, wissen, wie in mir jederzeit das vollste 
Vertrauen, die aufrichtigste Zuneigung und das wärmste Dankgefühl für 
Sie leben wird. Ihnen sage ich daher mit diesem nichts, was ich Ihnen 
25 nicht oft genug ausgesprochen habe, und ich denke, daß dieses Bild noch 
Ihren späten Nachkommen vor Augen stellen wird, daß Ihr Kaiser und 
König und sein Haus sich dessen wohl bewußt waren, was wir Ihnen zu 
danken haben. Mit diesen Gesinnungen und Gefühlen endige ich diese 
Zeilen als über das Grab hinaus dauernd Ihr dankbar treu ergebener 
30 Kaiser und König Wilhelm. 
2. Wir Deutschen fürchten Gott, sonst nichts in der Welt. 
Von Viktor Hagen. 
Im Anfang des Jahres 1888 schien es, als sollte bald wieder in 
blutigem Kampfe um den Sieg gerungen werden. Die Franzosen und Russen 
35 hatten sich verbündet. Um die Einrichtung und Stärke des deutschen Heeres 
der veränderten Lage anzupassen, war dem deutschen Reichstage ein Gesetz 
vorgelegt worden, durch das dieser die einmaligen Ausgaben für die Neu¬ 
einrichtungen und die Kosten für die Armee und die Marine aus die 
nächsten sieben Jahre bewilligen sollte. Fast alle Reichstagsabgeordneten 
40 waren am 6. Februar versammelt, um die Vorlage zu beraten. Da trat 
Fürst Bismarck in den Saal und hielt eine seiner denkwürdigsten Reden. 
Er schilderte den Ernst der Lage und das Verhältnis Deutschlands zu
	        
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