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266. Der hl. Villigis, Erzbischof von Mainz.
Maeh Gebrũder Grimm und Berthes.)
In dem ausgedehnten Gebiete des ehemaligen RKur-
fürstentums Mainz erblickt man an manchen Burgen,
Kirchen oder andern ösffentlichen Gebäuden ein Wappen,
dessen Nittelpunkt in einem Rade mit sechs Speichen
besteht. Es ist das Mainzer Wappen, über dessen Ursprung
die Sage folgendes mitteilt:
Im Jahre 975 wurde Willigis, ein frommer und gelehrter
Mann, zum Bischof von Mainz gewählt; er war aber von
geringer, armer Herkunft, sein Vater war ein Wagnersmann
gewesen. Deshalb halsten ihn die adeligen Domberren und
dtiftsgenossen, nahmen RKreide und malten ihm zum Hohn
Räder an die Vande und Thüren seines Schlosses; sie ge-
dachten ihm damit eine Schmach anzuthun. Als der fromme
Bischof ihren Spott vernahm, da hiels er einen Maler rufen;
dem befahl er, mit guter Farbe in alle seine Gemächer
weisse Räder in rote Pelder zu malen, und liels einen Reim
dazu setzen, der sagteé: „Willigis, Willigis, denk, wohber du
kommen sis.“ Dabher rũbrt, dass seit der Zeit alle Bischöfe
zu Mainz als Wappen weilse Räder im roten Schilde führen.
Willigis, von dem diese Sage ein so schönes Beispiel
christlicher Selbstverleugnung erzählt, war in der That der
dohn eines Wagners zu Schöningen bei Helmstedt im Braun-
schweigischen. Gleich hervorragend durch Tugend und
Wissenschaft, glänzte er bald als Stern erster Größse und
ward nach einander Domherr zu Hildesheim, Oberhofkaplan
des deutschen RKaisers Otto II. und Erzbischof von Mainz.
Mit Preude erteilte Papst Benedikt XII. dem vortrefflichen
Manne die Bestätigung aller Rechte und Privilegien der
Mainzer Kirche, vermöge deren er in ganz Deutschland und
Erankreich vor allen Drzbischöfen und Bischöfen in geist-
lichen Geschäften den Vorrang erhielt. — Überaus erfolg-
reich war die Thätigkeit, welehe Willigis in seiner neuen
Stellung zum Heile der Gläubigen wie zum Nutzen seiner
Unterthanen entfaltete. Zablreiche Klöster und Kirchen,
unter andern auch der Dom zu Mainz, dessen Vollendung er
freilich nicht mehr erlebte, sowie dieé Brücken über den
Main bei Aschaffenburg und über die Nahe bei Bingen ver-
danken ihm ihre Entsfehung. Besondere Verdienste erwarb
er sich durch die Beilegung der Zwistigkeiten, welche nach
Ottos H. frühzeitigem Tode wegen äer Kaiserwürde in
Deutschland entstanden waren. Seinem Einfuusse und An-