Full text: Prosalesebuch für Obertertia und Untersekunda der Vollanstalten oder Klasse II und I der Realschulen (Teil 5, [Schülerband])

aber trotzdem bricht, der wird sich überzeugen, daß die kampfesfreudige 
Vaterlandsliebe, welche 1813 die gesamte Bevölkerung des damals 
schwachen, kleinen und ausgesogenen Preußens unter die Fahnen rief. 
heutzutage ein Gemeingut der ganzen deutschen Nation ist und daß 
s derjenige, welcher die deutsche Nation irgendwie angreift, sie ein¬ 
heitlich gewaffnet finden wird und jeden Wehrmann mit dem festen 
Glauben: Gott wird mit uns sein! 
62. Der Tod Kaiser Wilhelms I. 
Fürst Bismarck, a. a. O. 
Mitteilung im Deutschen Reichstag am 9. März 1888, welche die Abgeordneten 
stehend anhörten. 
Mir liegt die traurige Pflicht ob, Ihnen die amtliche Mitteilung 
von dem zu machen, was Sie bereits tatsächlich wissen werden: daß 
Seine Majestät der Kaiser Wilhelm heute vormittag um V29 Uhr zu 
Seinen Vätern entschlafen ist. 
5 Infolge dieses Ereignisses ist die preußische Krone und damit 
nach Art. 11 der Reichsverfassung die deutsche Kaiserwürde aus Seine 
Majestät Friedrich HL, König von Preußen, übergegangen. Nach 
den mir zugegangenen telegraphischen Nachrichten darf ich annehmen, 
daß Seine Majestät der regierende Kaiser und König morgen von 
io San Nemo abreisen und in der gegebenen Zeit hier in Berlin ein¬ 
treffen wird. 
Ich hatte von dem Hochseligen Herrn in seinen letzten Tagen in 
Betätigung der Arbeitskraft, die ihn nur mit dem Leben verlassen 
hat, noch die Unterschrift erhalten, welche vor mir liegt und welche 
i5 mich ermächtigt, den Reichstag in der üblichen Zeit nach Abmachung 
seiner Geschäfte, das heißt also etwa heute oder morgen, zu schließen. 
Ich habe die Bitte an Seine Majestät gerichtet, nur den Anfangs¬ 
buchstaben des Namens noch zu unterzeichnen. Seine Majestät aber 
haben mir darauf erwidert, daß Sie glaubten, den vollen Namen 
so noch unterschreiben zu können. Infolgedessen liegt dieses historische 
Aktenstück der letzten Unterschrift Seiner Majestät vor mir. 
Unter den obwaltenden Umständen nehme ich an, daß es den 
Wünschen der Mitglieder des Reichstages, ebenso wie denen der ver¬ 
bündeten Regierungen entsprechen wird, daß der Reichstag noch nicht 
s5 auseinandergeht, sondern zusammenbleibt bis nach Eintreffen Seiner 
Majestät des Kaisers, und ich mache deshalb von dieser Allerhöchsten 
Ermächtigung weiter keinen Gebrauch, als daß ich dieselbe als 
historisches Dokument zu den Akten gebe und den Herrn Präsi-
	        
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