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Im Hause war niemand; die Bauern waren aus Furcht vor den
Feinden geflohen. Kaum hatte der Knabe die Reiter gesehen, so nahm
er die Mütze ab. Es war ein frischer Junge mit kühnem Gesicht,
großen blauen Augen und langem blondem Haar.
„Was machst du hier?“ fragte ihn der Offizier.
Ich bin hiergeblieben, um den Krieg zu sehen.“
„Hast du Feinde vorbeigehen sehen?“
Nein, seit drei Tagen nichts.“
Der Offizier sprang vom Pferde, trat in das Haus und stieg
aufs Dach, um den Feind zu erspähen. Das Dach war zu niedrig;
oan sonnle von dort aus nur ein kleines Stück der Gegend sehen.
„Man muß auf die Bäume steigen“, sagte der Offizier und kam
herunter. Gerade vor der Scheune erhob sich eine sehr hohe und
dünne Esche, die ihren Wipfel im blauen Himmel wiegte. Der
Offizier fragte den Knaben: „Hast du gute Augen, Junge?“
„Ich?“ antwortete der Knabe; „ich sehe einen Spatzen auf
eine Meile weit.“
„Wärest du imstande, auf den Gipfel dieses Baumes zu klettern?“
„Auf den Gipfel dieses Baumes? In einer halben Minute
bin ich oben!“
„Und könntest du mir sagen, was du von da oben siehst, ob
es auf jener Seite feindliche Soldaten, Staubwolken, glänzende Ge—
wehre und Pferde gibt?“
„Ganz gewiß könnte ich das.“
„‚Was willst du für diesen Dienst?“
Was ich will?“ sagte der Knabe lächelnd. „Nichts! Das fehlte
noch! Es ist ja für die Unsrigen.“
„Gut. So klettere hinauf!“
Einen Augenblick, bis ich die Schuhe ausgezogen habe.“
Er legte die Schuhe ab, warf die Mütze ins Gras, umfaßte
den Slamm der Esche und kletterte hinauf wie eine Katze.
„Schau geradeaus in die Weite!“ rief der Offizier.
der Knabe ließ die rechte Hand vom Baume los und be—
schattete damit die Augen.
„Was siehst du?“ fragte der Offizier.
Der Knabe beugte das Gesicht gegen ihn, und indem er seine
Hand als Sprachrohr benutzte, antwortete er: „Zwei Männer zu
Pferde auf der weißen Straße.“
„In welcher Entfernung von hier?“
„Eine halbe Meile.“
„Bewegen sie sich?“
„Sie halten an.“