Full text: Lesebuch für die Oberklassen katholischer Volksschulen

Die Kriege Roms unter Augustus. Die Verfassung der Germanen. 125 
und Tiberius sowohl mit den im Norden Italiens wohnenden kelti⸗ 
schen Alpenvölkern als auch mit den östlich vom Rhein seßhaften Ger— 
manen führten. In den Kriegen gegen die Kelten wurde das Reich bis 
zur Donau ausgedehnt und auf dem eroberten Gebiet erstanden die 
Provinzen Rätien, Vindelicien, Noricum und Pannonien, die 
sich zum größten Teil über Länder der jetzigen österreichisch-ungarischen 
Monarchie erstreckten. Um sich den dauernden Besitz dieser Provinzen zu 
sichern, legten die Römer auch hier zahlreiche Festungen an, die später zu 
volkreichen Städten erblühten: so Passau, Salzburg, Augsburg, Regens⸗ 
burg, Wien, Ofen u. a. Auch gegen die Germanen kämpften die genann⸗ 
ten Feldherren anfangs mit Glück. Schon schien es, daß auch German ien 
der römischen Herrschaft einverleibt werden sollte, als im Jahre 9n. Chr. 
das römische Heer unter Quinctilius Varus von dem Cheruskerfürsten 
Arminius im Teutoburger Walde eine furchtbare Niederlage erlitt. 
Varus stürzte sich verzweifelnd in sein Schwert und nur wenige Römer 
retteten sich durch die Flucht. Als der Kaiser von der Niederlage erfuhr, 
zerriß er zum Zeichen der Trauer sein Gewand und rief klagend aus: 
Varus, gib mir meine Legionen wieder!“ Nun verlegte Augustus die 
Reichsgrenze gegen den Rhein zurück und errichtete längs derselben die 
starken Kastelle Xanten, Köln, Koblenz und Mainz. 
2. Die Germanen. 
a) Die Wohnsitze und die Verfassuug. Die Germanen wohnten 
um die Zeit der Geburt Christi an den Ufern des Rheins und der 
Donau, nördlich bis zur Nord- und Ostsee, östlich bis zur Weichsel und 
zu den Karpathen. Sie zerfielen in zahlreiche Stämme, die durch 
Sprache und Religion, durch Sitten und Bräuche geeint waren. Meist 
bildete jeder Stamm für sich einen Staat. Jeder Staat zerfiel in 
mehrere Gaue, die sich dann wieder in Hundertschaften und Ge— 
meinden teilten. Die Regierung des Staats lag in den Händen der 
Volksgemeinde, die sich zur Zeit des Neu- und Vollmonds im 
Freien versammelte, über Krieg und Frieden entschied, die Obrigkeit 
wählte, Gesetze gab und nach dem Gewohnheitsrechte Recht sprach. — 
Für den Krieg wählte sich jeder Volksstamm aus den tapfersten seiner 
Männer einen „Herzog“ (Stammesherzog). Bei einzelnen Stämmen 
gab es auch Könige, die gleichfalls gewählt wurden. 
b) Die Lebensweise.) Die Hauptbeschäftigung der Germanen war 
der Krieg und die Jagd. Am Kriege mußte jeder Freie teilnehmen. 
i) Vgl. das Bild von Ad. Lehmann Germanisches Gehöft“ und den Kom— 
mentar von Th. Heymann und A. Übel, 1. Heft, S. 7—37.
	        
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