fullscreen: Lesebuch für die 3. und 4. Klasse der pfälzischen Volkshauptschulen

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Papier, ein weißes Tuch oder ein Reis. Nun werden rasch die kleineren 
Gefäße mittels Schnur oder Lederriemen an den Leib gebunden und bald 
darauf sitzt die ganze Gesellschaft zwischen den Sträuchlein und zaust mit 
behenden Fingern an ihnen herum. 
Ist ein „Stock“ geleert, so geht's an den anderen. Wer hat sein 
„Blockgefäß“ zuerst gefüllt? Karl ist nicht ungeschickt. Doch Anna ist 
noch flinker und eilt als erste zum Korbe, in den sie ihren vollen Becher 
entleert. Rasch nacheinander folgen die anderen. Nur einer bleibt zurück, 
der Jaköbl. Er will zuerst seinen Magen beruhigen. Beere um Beere 
verschwindet zwischen seinen Zähnen und bald zeigen sich die Spuren seiner 
Tätigkeit in der Umgebung des Mundes, so daß seine älteren Kamera— 
den einander zurufen: „Do guck emol, wie de Jaköbl en Schnauzbart 
hott!“ Allein Jaköbl läßt sich nicht stören. Zufrieden schmunzelnd schmaust 
er weiter, bis er satt ist. 
Zur Mittagszeit gibt es eine längere Rast. Es wird tüchtig gegessen 
und getrunken; man schaut einander in die Körbe um zu sehen, ob schon 
viel darin ist, oder man macht ein Schläfchen. Nach der Pause wird wieder 
emsig gepflückt. Der Wald belebt sich immer mehr; Singen, Scherzen 
und Lachen tönt weit umher. So geht es fort bis zum Abend. Neigt 
fich die Sonne zum Untergange, dann tönt aus allen Büschen das Liedchen: 
„Häme zu, die Zeit isch do, 
de Hällbeerewald isch grie unn blood, 
grie voll Läb, 
weiß voll Stäb, 
bloo, bloo, bloo voll Hällbeere!“ 
Schwerbeladen kehren die Sammler zurück. Am Waldesrande oder 
an bekannten Stellen im Dorfe warten bereits die Händler um die Heidel— 
beeren zu „fassen,“ d. h. abzukaufen. Wie leuchten die Augen der Kleinen, 
wenn ihnen die blanken Münzen auf die Hand gezählt werden, für viele 
das erste selbstverdiente Geld! Das macht Lust und Mut zu noch eifrigerem 
Sammeln. — Franz verkauft heute seine Heidelbeeren nicht. Morgen backt 
die Mutter und da gibt's Heidelbeerkuchen, von dem er das größte Stück 
bekommt. Da geht es ihm wie dem Jaköbl: Lippen und Zähne färben 
fich blau, wohl auch manchmal die Wangen fast bis zu den Ohren, wenn 
er sich zu tief in den Kuchen hineinißt. 
Ein fleißlger Sammler bringt es im Tage auf 30 bis 40 Pfund. 
Was kann da so ein Junge oder ein Mädchen vom Morgen bis zum 
Abend verdienen? 
Oskar Mohr und Theresia Fuchs.
	        
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