Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

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82. Der Mönch zu Heisterbach. 83. Auf einer Wanderung im Norden. 
82. Der Mönch zu Helsterbach. 
Ein junger Mönch im Kloster Heisterbach 
Lustwandelt an des Gartens fernstem Ort; 
Der Ewigkeit sinnt tief und still er nach, 
Und forscht dabei in Gottes heil'gem Wort. 
Er liest, was Petrus, der Apostel, sprach: 
Dem Herren ist ein Tag wie tausend Jahr, 
Und tausend Jahre sind ihm wie ein 
Tag. — 
Doch, wie er sinnt, es wird ihm nimmer 
klar. 
Und er verliert sich zweifelnd in den Wald; 
Was um ihn vorgeht, hört und sieht er 
nicht. — 
Erst wie die fromme Besperglocke schallt, 
Gemahnt es ihn der ernsten Klosterpflicht. 
Im Lauf erreichet er den Garten schnell; 
Ein Unbekannter öffnet ihm das Thor; 
Er stutzt, doch sieh', schon glänzt die Kirche 
hell! 
Und draus ertönt der Brüder heil'ger Chor. 
Nach seinem Stuhle gehend, tritt er ein; — 
Doch wunderbar, — ein andrer sitzet bort ? 
Er überblickt der Mönche lange Reihn, 
Nur Unbekannte findet er am Ort. 
Der Staunende wird angestaunt ringsum, 
Man fragt nach Namen, fragt nach dem 
Begehr. 
Er sagt's, — da murmelt man durchs 
Heiligtum: 
Dreihundert Jahre hieß so niemand mehr. 
Der letzte dieses Namens, tönt es dann, 
Er war ein Zweifler und verschwand im 
Wald; 
Man gab den Namen keinem mehr 
fortan! — 
Er hört das Wort, es überläuft ihn kalt. 
Er nennet nun den Abt und nennt das 
Jahr. 
Man nimmt das alte Klosterbuch zur Hand; 
Da wird ein großes Gotteswunder klar: 
Er ist's, der drei Jahrhunderte verschwand. 
Da, welche Lösung! Plötzlich graut sein 
Haar, 
Er sinkt dahin und ist dem Tod geweiht, 
Und sterbend mahnt er seiner Brüder 
Schar: 
„Gott ist erhaben über Ort und Zeit. 
Was er verhüllt, macht' mir ein Wunder 
klar! 
Drum grübelt nicht, denkt meinem Schick¬ 
sal nach! 
Ich weiß, ihm ist ein Tag wie tausend 
Jahr', 
Und tausend Jahre sind ihm wie ein Tag!'' 
wolfg. Müller. 
83. Auf einer Wanderung im Norden. 
Hier schwarzer Moor, dort schneebedeckte 
Räume 
Und zugefror'ner Seeen öde Felder; 
Verlassen traurig kahle Birkenbäume, 
Am Horizonte düstre Tannenwälder. 
Hein Mensch, kein Haus, so weit die Blicke 
schweifen, 
Kein Vogel auf dem Schnee und in den 
Lüften; 
Nah' meinem Scheitel graue Wolken 
streifen, 
Und bleich der Mond, wie Lampenschein in 
Grüften. 
Rings tiefe Stille, die Natur erstorben, 
All überall des Todes kalte Schauer; 
Mein Geist, der stets um Leben nur ge¬ 
worben, 
Von solchem Bild versenkt in tiefe Trauer. 
Da plötzlich Glockenhall aus ferner Weite, 
Ernst, feierlich in langgedehntem Schwin¬ 
gen, 
Und, hin mich wendend nach des Klanges 
Seite, 
Laß ich ihn mir in Herz und Seele dringen. 
Er schallt, wie eines Priesters fromme Rede, 
Wie eine Stimme Gottes aus der Höhe;
	        
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