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Ihrem Volke wurde sie durch diese That ein Gegenstand des Ab¬
scheues und die offene Empörung brach aus. Der Adel bewaffnete sich,
die angesehensten Männer nannten Bothwell laut den Mörder Darn-
ley's, und eine bewaffnete Schaar zog aus, ihn gefänglich einzuziehen.
Maria entwich in dieser Noth und begab sich unter Betheuerungen ihrer
Unschuld in den Schutz der verbündeten Gegner. Bothwell vertheidigte
sich anfangs, aber verlassen von allen seinen Leuten floh er von Burg
zu Burg und endlich über's Meer nach den Orkney-Inseln, wo er eine
Zeit lang Seeräuberei trieb; doch auch hier wurde er von den Schotten
verfolgt. Er flüchtete nach Dänemark, wurde hier eingekerkert und nach
zehnjährigem Elende starb er im Wahnsinne.
Die Königin ward unter dem Hohn des Pöbels nach Edinburg
zurückgebracht. Auf dem Schlosse Lochlevin, wo man sie gefangen hielt,
mußte sie zu Gunsten ihres Sohnes Jakob der Krone entsagen; es wurde
bestimmt, daß ihr Stiefbruder, Graf Murray, bis zur Volljährigkeit des
jungen Königs die Regentschaft führen sollte. Maria, weit entfernt sich
durch ihr Versprechen gebunden zu halten, wußte durch ihre persönliche
Schönheit, Liebenswürdigkeit und Beredsamkeit einige schottische Adelige,
Murray's Feinde, zu gewinnen, die sie in Freiheit setzten und ein an¬
sehnliches Heer zusammenbrachten, um ihr die Krone wieder zu gewinnen.
Murray besiegte und zerstreute ihre Truppen in einem kurzen glänzenden
Treffen. Die Königin sah von einer kleinen Anhöhe die Niederlage
ihrer Vertheidiger. In äußerster Bedrängniß faßte sie jetzt, trotz aller
widerstrebenden Rathschläge ihrer wenigen Freunde und Rathgeber, den
Entschluß nach England zu fliehen. In einem beweglichen und rühren¬
den Briese bat sie Elisabeth um Aufnahme (1568). Sie wurde bald
nach ihrer Ankunft auf Anrathen der englischen Großen auf das Schloß
Bolton gebracht und ihr angekündigt: Elisabeth wolle sie in ihr Reich
einsetzen, wenn sie sich von der Beschuldigung, an dem Morde ihres Ge¬
mahles Antheil gehabt zu haben, würde reinigen können. Man ertheilte
ihr die Erlaubniß, sich nach ihrem Gefallen Sachwalter zu wählen;
Murray aber kam nach England, um ihre Schuld zu beweisen, und die
Sachwalter thaten nichts, ihre Königin vom Verdachte zu reinigen; sie
sprachen blos von Unterhandlungen.
Es lag in der Politik Englands, die unglückliche Maria nicht frei¬
zulassen, da es immerhin eine Möglichkeit war, daß ihre Ansprüche auf
den englischen Thron durch die Katholiken in und außer dem Lande in
der Folge geltend gemacht werden konnten. Ja, es handelte sich mög¬
licherweise um den Sturz Elisabeth's, gegen welche Pabst Pius V. den
Kirchenbann ausgesprochen und ihre Unterthanen vom Eid der Treue
entbunden hatte. Man sprach von gedungenen Mördern, die ihr nach
dem Leben strebten, und häufige Verschwörungen englischer Katholiken
störten die öffentliche Ruhe. Alle diese Ereignisse mußten den Haß der