31
März oder April noch kalte Tage mit Schnee und Frost, so
müssen gar manche von den armen Wanderern erfrieren oder
verhungern. Bleibt aber das Wetter warm, so schlagen sie in einem
grünen Busch oder auf einem blühenden Baume ihre Wohnung
auf, singen und spielen miteinander nach Herzenslust. Auch
fangen sie an, Grashalme, Stroh, Moos, Federn u. dgl. her¬
beizutragen, um ihren künftigen Jungen im Verborgenen ein
warmes, weiches Bett zu bereiten. Darauf legt das Weibchen
Eier und brütet sie aus, während das Männchen etwas vor¬
singt. Sind die Jungen ausgekrochen, so hören die Alten ganz
zu singen auf, weil sie ihre ganze Zeit auf die Versorgung
ihrer Kleinen verwenden müssen.
Wenn sie nun alle diese Arbeit treulich getan haben,
so steht ihnen noch eine schlimme Zeit bevor, nämlich die Zeit,
in der sie ihre alten Federn verlieren und neue bekommen.
Während dieser Zeit sind sie kränklich, hören ganz auf zu singen
und verkriechen sich in die dicksten Gebüsche, bis ihnen ihr neuer
Federrock gewachsen ist.
Fr Judi».
47. Das Spinnlein.
Nein, seht mir doch das Spinnlein an,
Wic's zarte Fäden zwirnen kann!
Gelt, Base, das verstehst du nicht;
ech sag' es dreist dir ins Gesicht.
s macht's so niedlich und so nett, —
Möcht' nicht, daß ich's zu haspeln hätt'!
Wo nahm's den Flachs, so zart und fein?
Bei wem mag er gehechelt sein?
Gar manche Frau, das glaube mir.
Ging auch dahin, wenn man's erfuhr'!
Jetzt „sieh' nur, wic's das Füßchen setzt,
Den Ärmel streift, die Finger netzt!
Jetzt zieht's den langen Faden aus.
Zieht eine Brück' an Nachbars Haus,
Baut eine Landstraß' in der Luft,
Die morgen hängt voll frischem Duft;
Baut einen Fußsteig nebendran.
Daß hier und da cs wandeln kann.
Es spinnt und wandelt auf und ab, —
Potz tausend, im Galopp und Trab!