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düstern Lampenschein saß, sagte sic: „Wenn wir fromm und
fleißig sind, wird uns Gott nicht verlassen, wie er auch der
Bögelein getreulic^wahrnimmt. Erst wollen wir uns ein GeiS-
lamm aufziehen; vielleicht kommen wir auch einmal wieder zu
einer Kuh." Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, da
hörte sie draußen ein Gebrüll, und es wurde an die Thür ge
klopft. Sie trat hinaus; da stand eine schwarz und weiß ge
fleckte Kuh an den Baum gebunden, und ein Mann sprach zu
ihr: „Ein guter Freund schickt euch die Kuh nebst diesen Säcken
und einem freundlichen Gruße." Ehe sie ihn erkennen oder
ihm danken konnte, war er in der Dunkelheit verschwunden.
Jubelnd führten die Kinder die blanke Milchkuh in den Stall
und halfen der Mutter die schweren Kornsäcke ins Haus tra
gen. Die Witwe weinte Freudethränen. Der liebe Gott hatte
ihr Gebet gar bald erhört. — Als sie nämlich hinter dem
Kirchcnpfeiler in ihren Schmerz versunken war, hatte ein wohl
habender Mann aus der Gemeinde ihre Betrübnis bemerkt. Er
hatte sich nachher nach ihren Umständen erkundigt, ihren Ver
lust und ihre Not erfahren und das Werk der Barmherzigkeit
an ihr geübt, damit sie eben so fröhlich nach dem Hause des
Herrn gehen könne wie er. ®.«. »arger.
17. Die gute Mutter.
(A;n Allerseelentage.)
„Die Welt ist arg und böse,
Ach, höre nicht auf sie!
Laß ihre List und Tücke
Dich doch bethöien nie!"
So sprach sie oft und reichte
Tie Hand mir mütterlich,
Und als ich zog von dannen,
Da weint' sie bitterlich.
Sie gab mir gute Lehren,
Sie sah mir lange nach;
Ich konnt' sie nicht vergessen,
Auch keinen, keinen Tag.
Wann stiller Abend dömmert,
Dann geh' ich hin zum Grab',
Wo eine gute Mutier
Man senkte längst hinab.
Es ist ein kleiner Hügel
Mit dunklem Rasengrün,
Worin des Taues Perlen
Wie helle Thränen glüh'n.
Ein Kreuz steht in der Mitte,
Bescheiden, nur von Stein,
Ich grub der Mutter Namen
Mit Wehmut selbst hinein.