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2.,„Daß du all dein Geld ausgegeben hast,“ sagte er endlich langsam
und nachdrücklich, „ist nichts Schändliches, obwohl ein junger Mensch lernen
muß, sich mit seinem Verdienste einzurichten, und ohne eigene oder fremde
Not nicht das letzte Geld ausgeben soll. Wer daß du eine Unwahrheit
gesagt hast, das tut mir weh um deines guten Vaters willen. Der würde
so etwas nie getan haben.“
Niemals in meinem Leben habe ich mich so sehr geschämt wie in
jenem Augenblick. Seitdem habe ich wissentlich nie mehr ein unwahres
Wort gesprochen; aber es hat lange gedauert, bis der gute Alte wieder
volles Zutrauen zu mir gewann. Johann Just. (Heineckes Lesebuch.)
46. Gebet.
Herr! schicke, was du willt, ein Liebes oder Leides;
ich bin vergnügt, daß beides aus deinen Händen quillt.
Wollest mit Freuden und wollest mit Leiden mich nicht überschütten!
Doch in der Mitten liegt holdes Bescheiden. Eduard Mörike.
47. Der Schatzgräber.
1. Arm am Beutel, krank am Herzen,
schleppt' ich meine langen Tage.
Armut ist die größte Plage,
Reichtum ist das höchste Gut!
Und, zu enden meine Schmerzen,
ging ich, einen Schatz zu graben.
„Meine Seele sollst du haben!“
schrieb ich hin mit eignem Blut.
2. Und so zog ich Kreis' um Kreise,
stellte wunderbare Flammen,
Kraut und Knochenwerk zusammen;
die Beschwörung war vollbracht.
Und auf die gelernte Weise
grub ich nach dem alten Schatze
auf dem angezeigten Platze;
schwarz und stürmisch war die Nacht.
3. Und ich sah ein Licht von weitem,
und es kam gleich einem Sterne
hinten aus der fernsten Ferne
eben, als es zwölfe schlug.
Und da galt kein Vorbereiten:
heller ward's mit einem Male
von dem Glanz der vollen Schale,
die ein schöner Knabe trug.
4. Holde Augen sah ich blinken
unter dichtem Blumenkranze;
in des Trankes Himmelsglanze
trat er in den Kreis herein.
Und er hieß mich freundlich trinken,
und ich dacht': Es kann der Knabe
mit der schönen, lichten Gabe
wahrlich nicht der Böse sein.
5. „Trinke Mut des reinen Lebens!
Dann verstehst du die Belehrung,
kommst mit ängstlicher Beschwörung
nicht zurück an diesen Ort.
Grabe hier nicht mehr vergebens!
Tages Arbeit, abends Gäste,
saure Wochen, frohe Feste —
sei dein künftig Zauberwort!“
Johann Wolfgang von Goethe.