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48. Erlkönig.
1. Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater
mit seinem Kind; er hat den Knaben wohl in dem Arm, er faßt ihn
sicher, er hält ihn warm.
2. „Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?“ — „Siehst,
Vater, du den Erlkönig nicht, den Erlenkönig mit Kron' und Schweif ?“ —
„Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.“ —
5. „Du liebes Kind, komm, geh mit mir! Gar schöne Spiele spiel'
ich mit dir; manch bunte Blumen sind an dem Strand; meine Mutter
hat manch gülden Gewand.“ —
4. „Mein Vater, mein Vater! und hörest du nicht, was Erlenkönig
mir leise verspricht?“ — „Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind; in dürren
Blättern säuselt der Wind.“ —
5. „Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn? Meine Töchter sollen
dich warten schön; meine Töchter führen den nächtlichen Reih'n und
wiegen und tanzen und singen dich ein.“ —
6. „Mein Vater, mein Vater! und siehst du nicht dort Erlkönigs
Töchter am düstern Ort?“ — „Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es
genau, es scheinen die alten Weiden so grau.“
7. „Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt; und bist du nicht
willig, so brauch' ich Gewalt.“ — „Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt
er mich an! Erlkönig hat mir ein Leids getan.“ —
8. Dem Vater grauset's, er reitet geschwind; er hält in den Armen
das ächzende Kind, erreicht den Hof mit Mühe und Not. — In seinen
Armen das Uind — war tot. Johann Wolfgang von Goethe.
4. Aus der Welt der Arbeit und des
Verkehrs.
49. Ehre der Arbeit!
Wer den wucht'gen Hammer schwingt, jedem Ehre, jedem Preis!
wer im Felde mäht die Ahren, 10 Ehre jeder Hand voll Schwielen!
wer ins Mark der Erde dringt, Ehre jedem Tropfen Schweiß,
Weib und Kinder zu ernähren, der in Hütten fällt und Mühlen!
wer stroman den Nachen zieht, Ehre jeder nassen Stirn
wer bei Woll' und Werg und Flachse hinterm Pfluge l — Doch auch dessen,
hinterm Webestuhl sich müht, 15 der mit Schädel und mit Hirn
daß sein blonder Junge wachse: — hungernd pflügt, sei nicht vergessen!
Ferdinand Freiligrath.