Full text: Lesebuch für Brandenburg

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einem lustigen Frühlingsliede. Die kalten Flocken fallen auf das warme 
Kleid; was kümmert das den fröõhlichen Sänger! 
Aber — aber! der Winter ist noch nicht so hinfällig, wie „Bruder 
Lustig* denkt. Die Flocken fallen immer dichter, und der Wind pfeift 
scharf aus dem Norden. Das wird bedenklich. Die Frau Starin ist 
gekommen und hat sich auf die 
Stange vor dem Flugloch gesetzt, 
auf die nun auch der Star fliegt. 
Mit dem Singen ist's vorbei. Sie 
hocken nebeneinander und hoffen 
auf bessere Tage, die auch nicht 
ausbleiben. Die Sonne duldet 
kein Weibes mehr. Oft schon am 
nächsten Morgen bricht sie sich 
durch die Wolken Bahn, und ehe 
der Abend kommt, ist keine Spur 
von Schnee mehr zu sehen. Unser 
Star aber sitzt wieder auf seinem 
Kasten, singt lusstiger denn je und 
schnarrt und Hatscht mit den 
Flũgeln. 
4. Nun wird es endlich auch 
Zeit, an die Einrichtung der Woh- 
nung zu denken. Den Plunder 
der Frau Spatzin, Stroh und Heu, 
schmutzige Federn und alte Lum- 
pen, hat die Starin bereits trotz 
alles Schimpfens des Spatzenpaares ausgerãumt und, ärgerlich über die 
liederliche Wirtschaft, in den Hof hinabgeworfen. 
Star und Starin sind jetzt von früh bis abends tätig und tragen 
Strohhalme, Federn und Heu herbei, um das Nest zurechtzumachen. 
Einen künstlichen Bau gibt es nicht, aber er ist anständig genug im 
Vergleich zum Nestbau der Spatzin. Die Einrichtung ist eine einfach 
bürgerliche. 
III. Die sorgsamen PEltern. 
I. Wenn der April, der wetterwendische Monat, sich seinem Ende 
zuneigt, liegen fünf bis sechs hellblaue Eier im Neste, und nun beginnt 
eine nicht gerade angenehme Zeit für die Frau Starin. Gegen sechzehn 
Tage mub sie brũtend auf den Eiern sitzen; sie tut es aber gern in der 
Hoffnung auf junge Stärchen. „Bruder Lustig“ dagegen hat gute Zeit. 
Aber das mub man ihm nachsagen, dab er ein Herz für sein Weibchen 
hat. Er versorgt es nicht nur unermüdlich mit Nahrung, sondern singt 
Hirts Lesebuch. Ausg. A. Neubtg.
	        
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