Full text: Deutsches Lesebuch für die mittlere und obere Stufe (Theil 2, [Schülerband])

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chim ein. Die Eltern waren von ihrem Dörschen nach der Stadt 
gekommen, um ihren Sohn nach Jahren wiederzusehen, und erwarteten 
ihn auf dem Markte. Als er sie erkannte, sprang er rasch vom 
Pferde und umarmte sie unter Freudenthränen. Bald darauf mußten 
sie zu ihm ziehen und allezeit mit an seinem Tische essen, auch 
wenn er vornehme Gäste hatte. 
2. Einst spottete ein Offizier darüber, daß Bauern bei einem 
Rittmeister zu Tische säßen. „Wie, sollte ich nicht die ersten Wohl— 
thäter meines Lebens dankbar achten?“ war seine Antwort; „ehe ich 
des Königs Rittmeister wurde, war ich ihr Kind.“ Der brave Ge— 
nerxal von Zieten hörte von diesem Vorfalle und bat sich selbst nach 
einiger Zeit mit mehreren Vornehmen bei dem Rittmeister zu Gaste. 
Die Eltern des letzteren wünschten dieses Mal selbst nicht am Tische 
zu erscheinen, weil sie sich verlegen fühlen würden. Als man sich 
setzen wollte, fragte der General: „Aber, Kurzhagen, wo sind Ihre 
Eltern? Ich denke, sie essen mit Ihnen an einem Tische.“ Der 
Rittmeister lächelte und wußte nicht sogleich zu antworten. Da stand 
Zieten auf und holte die Eltern selbst herbei; sie mußten sich rechts 
und links an seine Seite setzen, und er unterhielt sich mit ihnen aufs 
freundlichste. Als man anfing, Gesundheiten auszubringen, nahm er 
sein Glas, stand auf und sprach: „Meine Herren, es gilt dem Wohl— 
ergehen dieser braven Eltern eines verdienstvollen Sohnes der es 
beweist, daß ein dankbarer Sohn mehr wert ist als ein hochmütiger 
Rittmeister.“ 
3. Später fand der General Gelegenheit, dem Könige von der 
kindlichen Achtung zu erzühlen, welche der Rittmeister seinen Eltern 
erwies, und Friedrich II. freute sich darüber. Als Kurzhagen einst 
nach Berlin kam, wurde er zur königlichen Tafel gezogen. „Hör 
Er, Rittmeister,“ fragte der König, um seine Gesinnung zu erforschen, 
„von welchem Hause stammt Er denn eigentlich? Wer sind seine 
Eltern?“ — „Ew. Majestät,“ antwortete Kurzhagen ohne Verlegen— 
heit, „ich stamme aus einer Bauernhütte, und meine Eltern sind 
Bauersleute, mit denen ich das Glück teile, was ich Ew. Majestät 
verdanke.“ — „So ist's recht,“ sagte der König erfreut, „wer seine 
Eltern achtet, der ist ein ehrenwerter Mann; wer sie geringschätzt, 
verdient nicht geboren zu sein.“ Pustkuchen⸗Glanzow. 
347. Rãtsel. 
1. Mt e ists silbergleieh, 2 Uein Prstes ist nieht wenig, 
mit ĩ das immelreieh, mein Zweites ist nieht schwer, 
mit o gar mild und weich. mein Ganzes lässt dieh hoffen, 
doeh traue nieht zu sehr. 
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