Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Präparandenanstalten

Fortgang der Reformation. 161 
durch seine Milde und ruhige Besonnenheit war er vorzüglich geeignet, 
Luther in seinem schwierigen Werke zu unterstützen. 
c. Ausbreitung und Ausbau der evangelischen Kirche Luthers 
Lehre war schon weit verbreitet. Die evangelische Kirche wurde zuerst 
in Sachsen eingeführt. Friedrich der Weise starb 1525, nachdem 
er sich noch auf dem Sterbebette das heilige Abendmahl in beiderlei 
Gestalt hatte reichen lassen; sein Bruder und Nachfolger, Johann 
der Beständige, bekannte sich mit seinem Sohne Johann Friedrich 
öffentlich zur neuen Lehre. Bald trat auch Philipp ber Gro߬ 
mütige von Hessen über, ebenso Albrecht von Brandenburg, Herzog 
in Preußen, die Herzöge von Mecklenburg, Pommern, Braun- 
schweig-Lüneburg, der Fürst von Anhalt und die Grasen von 
Mansfeld. Unter den deutschen Städten nahmen am ersten Magde¬ 
burg, Hamburg, Frankfurt a. M., Straßburg und Nürnberg 
die neue Lehre an. Das Cölibat und die Klöster wurden in den 
evangelischen Ländern aufgehoben; der Gottesdienst wurde in der 
Landessprache abgehalten, das Abendmahl in beiderlei Gestalt gereicht. 
Großen Einfluß auf die Erweckung und Verbreitung des evangelischen 
Glaubens übte das um diese Zeit entstandene deutsche Kirchenlied 
aus, das bald in Kirchen, Häusern und auf Gassen gesungen ward 
und unzählige Herzen, ja ganze Städte wie im Sturme für die Refor¬ 
mation gewann. Um der großen Unwissenheit bei dem Volke, wie auch 
bei den Geistlichen zu steuern, verfaßte Luther (1529) den großen und 
den kleinen Katechismus, die zu den Bekenntnisschriften der 
lutherischen Kirche gerechnet werden. 
d. Zwiugli. Gleichzeitig mit Luther, aber unabhängig von ihm, 
begann auch Ulrich Zwingli (geb. 1484) das Werk der Reformation. 
Als Prediger lehrte er das lautere Evangelium, zeugte wider den Ab¬ 
laß, die Verderbnis der Geistlichen und andere Mißbräuche der Kirche. 
Der Rat und die Bürger Zürichs waren von der Wahrheit der Lehren 
Zwinglis so überzeugt, daß allen Züricher Geistlichen geboten wurde: 
„Es sollen alle Pfarrer ihre Lehre einzig nach ber Bibel beweisen, die 
Neuerungen unb menschlichen Erfinbungen aber weglassen." Auf 
Zwinglis Rat würben allmählich bie Klöster ausgehoben, bie Messe 
uub bie Heiligenbilber abgeschafft unb bie Priefterehe gestattet. Dem 
Beispiele Zürichs folgten viele ciubere ©tobte, wie Basel, St. Gallen, 
Bern, Straßburg, Augsburg, Ulm, Konstanz; bagegen blieben im Innern 
ber Schweiz bas Bergvolk unb ber Abel betn alten Glauben treu. Weil 
Zwingli eine anbere Auffassung vom Abenbmahl hatte als Luther, so nannte 
dieser ihn einen Sektierer, unb beide bekämpften einanber in ihren Schriften. 
Philipp von Hessen wollte bie beiben streitenben Parteien gern vereinen 
unb veranstaltete (1529) zwischen Luther unb Zwingli zu Marburg ein 
Religionsgespräch, bas aber nicht ben gewünschten Erfolg halte und die 
Kluft zwischen Lutheranern unb Reformierten nicht beseitigte. Im 
Jahre 1531 brach der Glaubenshaß zwischen den katholischen und refor- 
Hoffmeyer und Hering, Hilfsbuch. 7. Aufl. 11
	        
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