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schen Christen. Die Arianer behaupteten, daß Christus ein Geschöpf
Gottes sei, erhabener als alle übrigen, aber doch immer ein Geschöpf
und abhängig vom Vater?) Fast alle deutschen Völker bekannten sich
zum Arianismus, der ihnen einfacher und begreiflicher vorkommen
mochte, und so hingen auch die Ostgothen dieser Lehre an. Zwar
störte Theodorich die katholischen Römer durchaus nicht in ihrem Glau¬
ben und ihrem Gottesdienst, aber sie verziehen es ihm nie, daß er ein
„fluchwürdiger Ketzer" war, und vergalten ihm seine großen Wohl¬
thaten mit schändlichem Undank. Natürlich wurde Theodorich dadurch
mißtrauisch und behandelte manchmal auch ganz unschuldige Menschen
und selbst solche, die es gut meinten, mit Härte. Noch gegen das Ende
seines Lebens ließ er zwei der weisesten und edelsten Römer, Bo 6thins
und Sy mm ach ns (Sümmachns) hinrichten, weil er sie in Verdacht
hatte, daß sie eine Verschwörung gegen ihn stiften wollten.
Als er im Jahre 526 als 71 jähriger Greis starb, da riefen die
undankbaren Römer: „Seht, endlich hat Gott diesen Tyrannen ge¬
richtet!" und gönnten ihm sogar seine letzte Ruhestätte nicht. Nicht
lange nach seinem Tode wurde seine Asche aus dem Riesensteine zu
Ravenna (seinem Denkmal) herausgeworfen und in alle Winde zer¬
streut, damit nichts von ihm übrig bleibe. Aber das Andenken an
ihn konnte man nicht verwischen; denn Theodorich lebt noch heute in
unserer deutschen Sage und sogar in unserm schönsten und größten
Gedicht aus alter Zeit, in dem Nibelungenliede, wo er Dietrich
von Bern heißt. Seine Schöpfung freilich, das Ost gothenreich in
Italien, ging schon dreißig Jahre nach seinem Tode zu Grunde.
XII. Ähloddüg OEubtotg), der Frunkmlwmg,
481—511.
Wenn ich euch in der vorigen Geschichte von einem Fürsten er¬
zählt habe, der in vielen Dingen ant er n Herrschern wohl ein Vorbild
sein konnte, so sollt ihr nun von einem Manne hören, der sich vor
keiner schnöden List, vor keiner blutigen Gewaltthat scheute, um seinen
Ehrgeiz zu befriedigen. Dieser Mann war Chlodwig oder Ludwig,
der Stifter des Frankenreichs.
Wie ihr fchon wißt, waren die Franken ein Gemisch ver¬
schiedener deutscher Stämme und wohnten ursprünglich am rechten
Ufer des Unterrheins, eroberten aber, gedrängt von ihren östlichen
*) Arius, ein Presbyter oder Aeltester in Alexandrien, starb 336.