Full text: Lesebuch für die mittlere und obere Stufe (Teil 3, [Schülerband])

29. Der Ameisenlöwe. 
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ein; da springt der Sarg entzwei, und aus dem Grabe geht nun 
ein ganz anderes Tier hervor, als das vorige war. Es ist ein 
schöner, bunter Schmetterling, der das Schädliche und Häß— 
liche, was die Raupe hatte, abgelegt hat, der gar keine Blätter 
mehr fressen mag, sondern mit seiner niedlichen, langen Zunge allen— 
falls bloß die Tautröpflein oder auch den Honigsaft aus den Blüten 
saugt, sehr oft aber auch gar nichts mehr zu genießen braucht, weil 
er sich in dieser seiner letzten Gestalt der Welt nur ganz kurze Zeit 
zeigt. Sehr viele Insekten machen ein solches Absterben und eine 
gänzliche Verwandlung durch und leben hernach zuletzt als schönes, 
geflügeltes Insekt in der Luft und auf Bäumen, während sie vorher 
als Wurm in der Erde, im Wasser, im Morast und Unrat lebten. 
Doch können sich manche Insekten, z. B. die häßliche Laus, nicht dazu 
entschließen, so zu sterben, und bleiben daher bis ans Ende das, was 
sie waren. 
Bei einer solchen Verwandlung kann man sich nun viel denken, 
und schon die Alten haben deshalb den Schmetterling und seine Ver— 
wandlung als ein Sinnbild der Unsterblichkeit der Seele betrachtet. 
29. Der Ameisenlöwe. 
Der liebe Gott hat auf seiner großen, weiten Erde gar mancherlei 
Kostgänger. Ein solcher ist der Ameisenlöwe. Das vollkommen 
ausgewachsene Tier⸗ 
chen ist ein Insekt, 
welches der Wasser⸗ 
jungfer sehr ähnlich ist. 
In diesem Zustande hat 
es zwei große Augen, 
zwei ziemlich lange 
Fühlhörner, beißende Ameisenjungfer. 
Mundteile, einen dünnen, schlanken Leib, vier lange, gerade, netz— 
artige Flügel und sechs Beine. Dieses Insekt kommt überall, doch 
nicht in sehr großer Menge vor. Es hält sich vorzugsweise in sandigen 
Gegenden auf und fliegt auch an Bächen und auf Wiesen umher. Das 
Weibchen legt gegen Ende des Sommers einige Eier in den 
Sand an den Rändern der Hohlwege und dergleichen vor 
Regen geschützten Stellen. Im folgenden Frühjahr schlüpfen 
aus ihnen die Larven, welche sechsbeinig sind. Der Ameisen— 
löwe, so heißt die Larve, nährt sich von kleinen Insekten, nn 
namentlich Ameisen, Bienen, Fliegen, und führt ein gar merkwürdige 
Leben. Er geht rückwärts bei seiner Arbeit, wie der Seiler. 
43.
	        
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