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so sollst du der trefflichste Ritter mir sein
und sollst sie als Ehgemahl heut noch umarmen,
die jetzt für dich bittet mit zartem Erbarmen.“
Da ergreift's ihm die Seele mit Himmelsgewalt,
und es blitzt aus den Augen ihm kühn;
und er siehet erröten die schöne Gestalt
und sieht sie erbleichen und sinken hin.
Da treibt's ihn, den köstlichen Preis zu erwerben,
und stürzt hinunter auf Leben und Sterben.
Wohl hört man die Brandung, wohl kehrt sie zurück;
fie verkündigt der donnernde Schall.
Da bückt sich's hinunter mit liebendem Blick.
Es kommen, es kommen die Wasser all;
sie rauschen herauf, sie rauschen nieder, —
den Jüngling bringt keines wieder.
86. Das Glück von Gdenhall.
L. Uhland.
Von Edenhall der junge Lord
läßt schmettern Festdrommetenschall;
er hebt sich an des Tisches Bord
und ruft in trunkner Gäste Schwall:
„Nun her mit dem Glücke von Edenhall!“
Der Schenk vernimmt ungern den Spruch.
Des Hauses ältester Vasall
nimmi zögernd aus dem seidnen Tuch
das hohe Trinkglas von Krystall;
sie nennen's das Glück von Edenhall.
Darauf der Lord: „Dem Glas zum Preis
schenk' Roten ein aus Portugal!“
Mit Händezittern gießt der Greis,
und purpurn Licht wird überall;
es strahlt aus dem Glücke von Edenhall.
Da spricht der Lord und schwingt's dabei:
„Dies Glas von leuchtendem Krystall
gab meinem Ahn am Quell die Fei;
drein schrieb sie: Kommt dies Glas zu Fall,
fahr wohl dann, o Glück von Edenhall!