Metadata: [Teil 2 = (4. und 5. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 2 = (4. und 5. Schuljahr), [Schülerband])

Es war kein angenehmer Empfang. Seine Exzellenz der General er— 
klärte kalt und rauh, er sei als Gebieter da, nicht als Unterhändler. 
„Eure Stadt gehört nach den letzten Friedensverträgen zu Frank— 
reich; wenn wir bis jetzt Straßburg nicht besetzt haben, so geschah das nur 
deshalb, weil wir keine Zeit hatten. Wir machen also nur von unserem 
Rechte Gebrauch. Erkennen aber die herren in Straßburg dies Recht nicht 
an, so habe ich hier bei mir 35000 Mann und werde den herren Räten 
mit Pulver und Blei unser Recht beweisen. Wenn Straßburg sich auch 
nur mit einem Schuß verteidigt, mein herr Sekretarius, so werde ich die 
Sstraßburger als Rebellen behandeln. Wonach man sich zu richten hat!“ 
So fertigte der General den Straßburger Stadtschreiber ab. 
Als gegen elf Uhr Güntzer über diesen Empfang Bericht erstattete, 
als er der 35000 Mann Erwähnung tat, als sich die Ratsherren von den 
Wällen aus selbst überzeugt hatten, daß die. Umgegend überschwemmt sei 
von französischen Soldaten: da zog tiefe Mutlosigkeit in die Stadt ein. 
Es war seit Sonnenaufgang ganz still geworden in Straßburg. Die 
Männer standen auf ihren Posten; die Frauen aber und die Greise waren 
in den Kirchen. Es war Sonntag. Ergreifend tönten in die schweigenden 
Straßen, die in der Nacht von Waffenlärm, Zusammenlauf und Sturm— 
läuten widerhallt hatten, die langsamen, feierlichen Töne der Orgeln und 
der Kirchengesänge. In allen Kirchen wurden auf Anordnung des Rats 
Bittgottesdienste abgehalten. / 
Die Beratung ging unterdessen weiter. Man hätte sich vielleicht doch 
zum vorläufigen Widerstand entschlossen; aber ein Lärmen und Zusammen— 
laufen draußen auf dem Platz ließ die Herren verstummen und aufhorchen. 
Gleich darauf brachten Stadtknechte zwei von den Boten, die man über 
den Khein geschickt hatte; sie bluteten und waren übel zugerichtet. All— 
gemeine Bestürzung empfing sie. 
„Um Gotteswillen! Wo kommen denn die schon wieder her? Wo 
sind die drei anderen? Und wo sind die Depeschen?“ so klang es durch— 
einander. 
„Wir haben gekämpft wie die Löwen,“ stöhnte der eine und ließ sich 
in einen Stuhl fallen. „Umsonst, ehrenwerte herren!. .. Die drei anderen 
sind gefangen. Wir zwei haben uns durchgehauen.. . am Kleinen Rhein 
war's... Hunderte von Franzosen sind über uns hergefallen. . . die Stadt 
ist völlig umringt, völlig von Deutschland abgeschnitten!“ 
Diese Nachricht, der Anblick der zwei verwundeten, blutenden, 
zerfetzten jungen Leute erzeugte in den Ratsherren völlige Nieder— 
geschlagenheit. 
Nach kurzer, dumpfer, verdrossener Beratung einigte man sich dahin, 
Güntzer und etliche Ratsherren sollten noch einmal zum General Montelar 
hinausreiten und um Aufschub bitten. Die Abordnung begab sich zu den 
Franzosen, und der Aufschub wurde von Montelar gerne bewilligt. 
Zwei Tage lang wurde noch in der verlassenen und verlorenen Stadt
	        
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