Es war kein angenehmer Empfang. Seine Exzellenz der General er—
klärte kalt und rauh, er sei als Gebieter da, nicht als Unterhändler.
„Eure Stadt gehört nach den letzten Friedensverträgen zu Frank—
reich; wenn wir bis jetzt Straßburg nicht besetzt haben, so geschah das nur
deshalb, weil wir keine Zeit hatten. Wir machen also nur von unserem
Rechte Gebrauch. Erkennen aber die herren in Straßburg dies Recht nicht
an, so habe ich hier bei mir 35000 Mann und werde den herren Räten
mit Pulver und Blei unser Recht beweisen. Wenn Straßburg sich auch
nur mit einem Schuß verteidigt, mein herr Sekretarius, so werde ich die
Sstraßburger als Rebellen behandeln. Wonach man sich zu richten hat!“
So fertigte der General den Straßburger Stadtschreiber ab.
Als gegen elf Uhr Güntzer über diesen Empfang Bericht erstattete,
als er der 35000 Mann Erwähnung tat, als sich die Ratsherren von den
Wällen aus selbst überzeugt hatten, daß die. Umgegend überschwemmt sei
von französischen Soldaten: da zog tiefe Mutlosigkeit in die Stadt ein.
Es war seit Sonnenaufgang ganz still geworden in Straßburg. Die
Männer standen auf ihren Posten; die Frauen aber und die Greise waren
in den Kirchen. Es war Sonntag. Ergreifend tönten in die schweigenden
Straßen, die in der Nacht von Waffenlärm, Zusammenlauf und Sturm—
läuten widerhallt hatten, die langsamen, feierlichen Töne der Orgeln und
der Kirchengesänge. In allen Kirchen wurden auf Anordnung des Rats
Bittgottesdienste abgehalten. /
Die Beratung ging unterdessen weiter. Man hätte sich vielleicht doch
zum vorläufigen Widerstand entschlossen; aber ein Lärmen und Zusammen—
laufen draußen auf dem Platz ließ die Herren verstummen und aufhorchen.
Gleich darauf brachten Stadtknechte zwei von den Boten, die man über
den Khein geschickt hatte; sie bluteten und waren übel zugerichtet. All—
gemeine Bestürzung empfing sie.
„Um Gotteswillen! Wo kommen denn die schon wieder her? Wo
sind die drei anderen? Und wo sind die Depeschen?“ so klang es durch—
einander.
„Wir haben gekämpft wie die Löwen,“ stöhnte der eine und ließ sich
in einen Stuhl fallen. „Umsonst, ehrenwerte herren!. .. Die drei anderen
sind gefangen. Wir zwei haben uns durchgehauen.. . am Kleinen Rhein
war's... Hunderte von Franzosen sind über uns hergefallen. . . die Stadt
ist völlig umringt, völlig von Deutschland abgeschnitten!“
Diese Nachricht, der Anblick der zwei verwundeten, blutenden,
zerfetzten jungen Leute erzeugte in den Ratsherren völlige Nieder—
geschlagenheit.
Nach kurzer, dumpfer, verdrossener Beratung einigte man sich dahin,
Güntzer und etliche Ratsherren sollten noch einmal zum General Montelar
hinausreiten und um Aufschub bitten. Die Abordnung begab sich zu den
Franzosen, und der Aufschub wurde von Montelar gerne bewilligt.
Zwei Tage lang wurde noch in der verlassenen und verlorenen Stadt