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Alte Geschichte.
§ 2. Trajan war vor allem ein ganz hervorragender Heerführer
und in seinem Auftreten streng, aber gerecht, deshalb bei hoch und nieder
gleich beliebt. Dem Senat ließ er auf öffentlichen Urkunden den Vorrang
vor seiner Unterschrift. In zwei siegreichen Feldzügen gegen die Daeier
(Erstürmung von Sarmizegetnsa und Donaubrückenbau bei Turnseverin) wetzte
er die Scharte Domitians aus (101/102 und 105/106) und brachte so das
heutige Siebenbürgen und Rumänien ans Reich. In einem großen
Partherkrieg (113—117) drang er bis Ktesiphon a. T. vor: Armenien,
Mesopotamien und Assyrien wurden dem Weltreich einverleibt, das jetzt seine
größte Ausdehnung erreichte. Aber diese Abweichung vom Testament des Angustus
(s. S. 11) wurde verhängnisvoll. In den Euphrat- und Tigrisländern brach
ein nationaler Ausstand aus, der, von den Juden noch geschürt, einem Flug-
feuer gleich die ganze hellenistisch-semitische Welt ergriff, welche der Roma-
nisiernng widerstrebte. Dies war der Rückschlag gegen die letzte großartige
Machtentfaltung des Römertums durch Trajan. Er selbst erkrankte in
Parthien an der Wassersucht, und nachdem er den Oberbefehl seinem genialen
Landsmann und Vetter und zugleich erprobten Vertrauten Hadrian über-
geben hatte, schickte er sich zur Heimreise au. Doch schon in Cilicien ereilte
ihn der Tod (117). Seine Asche ward im Sockel der Trajanssänle
beigesetzt. Sein Gedächtnis aber ehrten die Römer noch lange. „Sei glück-
licher als Angustus, besser als Trajan!" blieb der ständige Zuruf an die
nachfolgenden Kaiser. —
117 § 3. Um sich den Thron zu sichern, beschenkte Hadrian von Antiochia
aus das Volk von Rom überreich und bat den Senat zuvorkommend um
seine Anerkennung, die dieser um so weniger versagte, als Hadrian in der Tat
der würdigste war. Hadrians erste Sorge war die Niederwerfung der auf-
ständischen Orientalen. Sie gelang. Trotzdem verzichtete der weise ab-
wägende Hadrian auf die Länder hinter dem Euphrat. Diese blieben nun
sich selbst überlassen, was zur Folge hatte, daß die dortige hellenistische
Kultur bald erlosch. Was Hadrian dagegen behielt, das hielt er um so
fester. Krieg führte er bloß gegen die (allerdings von ihm felbst aufs äußerste
gereizten) Juden unter Barkochba (132—135) (vergl. Kap. 5, § 9). Sonst
verlief seine Regierung in dauerndem Frieden. Er sorgte für ein schlag-
fertiges Heer und sür die Vervollkommnung des Grenzschutzes namentlich
in Britannien (Hadrianswall) und Germanien durch ein System von
Palissadenwällen mit einem Graben davor (daher im Volksmund der Limes
als Pfahlgraben, auch Heidengraben und Teufelsmauer bezeichnet wird).
Die obergermanisch-rätische Limesanlage wurde von Hadrian außerdem noch
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