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platte, wie er sie aus dem Boden gebrochen hatte, auf seinen Schoß, zeichnete
mit einer Kohle von seinem Hirtenfeuer ein Vleteck darauf und sprach dann bei
sich: „Funfzig solche viereckige Tafeln, wenn ich die hätte, könnte ich meine
ganze Hausslur damit belegen, wo jetzt die Hühner scharren, wenn es draußen
regnet.· Und während er das dachte, klopfte er mil seinem Hämmerlein auf
dem einen schnurgeraden Kohlenstrich sanft auf und ab; denn er freute sich über
den hellen Klang der Platte. Aber auf einmal wurden die hellen Thne dumpf
und immer dumpfer wie bei einer zersprungenen Glocke, und zuletzt sprang die
Tafel gerade in der Richtung des Kohlenstriches mitten entzwei. „Ist es da
so gegangen,“ dachte nun Benedikt, „so kann es bei den übrigen drei Seiten
ebenso gehen,“ und hämmerte auch auf dem zweiten Kohlenstrich eine Weile
borwarts und rücwäris Sein Schluß war richtig. Nachdem er noch einige
Minuten so fortgemacht hatte, lag eine ollkommen viereckige Platte auf seinen
Knieen. Eine zweite gelang nicht minder, und so fort. Früher schon hatte er
manchmal zwei Schiefertrümmer aneinander gerieben, um sie zu polieren und
gefunden, daß er damit am schnellsten zu stande kam, wenn er von dem Sande,
womit seine Mutter handelte, dazwischen tat und Wasser dazu nahm. Diese
frühere Erfindung wandte er nun auf seine Pflastersteine an und gewann so
einige sehr schöne Platten. — Indes rieb er dies alles als eine bloße Spielerei
und sagte davon niemand etwas, selbst seiner Mutter nicht. Seine schönsten
Tafeln verbarg er da und dort unter einem Busch, wie etwa ein Hirtenknabe
an der Donau schöne Kiesel, die er in ihrem Bette findet, in einem hohlen
Weidenstamm aufhebt. Eines Abends aber, als er eingetrieben hatte und seiner
Mutter gegenüber an der Suppenschüssel saß, erzählte sie ihm, daß sie mit
Sand in Eichstädt gewesen und dort dem Bischof so nahe gekommen sei, daß
sie jedes seiner Worte verstanden habe.
„Was sagte er denn?“ fragte Benedikt.
„Er stand,“ antwortete die Witwe, „mitten unter den Domherren in der
neuen Kirche, die er hat bauen lassen, und beratschlagte mit ihnen, mit was
für Steinen der Fußboden belegt werden sollte. Der eine rief dies und der
andere das, bis der hochwürdige Herr der Unterredung damit ein Ende machte,
daß er sagte: „Nun, morgen um die elfte Stunde haben wir die fremden
Sleinmehen hierher bestellt und wollen die Proben beschauen, die sie von allerlei
Sand⸗ und Marmelsteinen bei sich haben. Aber wir fürchten, ein solches Pflaster
möchte für unsern bischöflichen Boutel zu teuer kommen. Wir werden uns wohl
die Backsteine gefallen lassen müssen, die am wohlfeilsten sind.“
„So, so,“ versetzte Benedikt, warf seinen Löffel von Horn in die Tisch⸗
lade, wünschte seiner Mutter eine gute Nacht und ging unter das Dach hinauf
in seine Schlafstätte.
Das Sandweib hatte übrigens den Fürstbischof ganz recht verstanden.
Schon bald nach der zehnten Sunde des Morgens versammelten sich in der
neuen Kirche zu Eichstätt, in der von der Hand des Maurermeisters nichts mehr
fehlte als das Pflaster, etliche Steinmetzen, die der Bischof aus Tirol, dem
Fichtelgebirge und dem Rheingau auf seine Kosten berufen hatte. Die Stein⸗
hroben trugen ihnen ihre Gesellen in kleinen hoͤlzernen Kasten nach und stellten
sie nebeneinander auf eine lange Tafel. Darauf fanden sich nach und nach
mehrere Grafen und Herren aus der Nachbarschaft ein, die schon reichlich zu
dem Kirchenbau beigesteuert hatten und nun auch noch bei dem Pflaster ein
übriges tun sollten. Endlich erschien auch der Fürstbischof mit der ganzen
Geislichkeit und seinen weltlichen Beamten hinter sich. Und als alle beisammen