Full text: Lesebuch für die Oberklassen der katholischen Volksschulen Niedersachsens

89 
Ach, vielleicht, indem wir hoffen, 
Hal uns Unheil schon getroffen. 
Dem dunkeln Schoß der heil'gen Erde 
Vertrauen wir der Hände Tat, 
Vertraut der Sämann seine Saat 
Und hofft, daß sie entkeimen werde 
Zum Segen nach des Himmels Rat. 
Noch köstlicheren Samen bergen 
Wir trauernd in der Erde Schoß 
Und hoffen, daß er aus den Särgen 
Erblühen soll zu schönerm Los. 
Von dem Dome, 
Schwer und bang, 
Tönt die Glocke 
Grabgesang. 
Ernst begleiten ihre Trauerschläge 
Einen Wandrer auf dem letzten Wege. 
Ach! die Gattin ist's, die teure, 
Ach! es ist die treue Mutter, 
Die der schwarze Fürst der Schatten 
Wegführt aus dem Arm des Gatten, 
Aus der zarten Kinderschar, 
Die sie blühend ihm gebar, 
Die fie an der treuen Brust 
Wachsen sah mit Mutterlust. — 
Ach! des Hauses zarte Bande 
Sind gelöst auf immerdar; 
Denn sie wohnt im Schattenlande, 
Die des Hauses Mutter war; 
Denn es fehlt ihr treues Walten, 
Ihre Sorge wacht nicht mehr; 
An verwaister Stätte schalten 
Wird die Fremde, liebeleer. 
Bis die Glocke sich verkühlet, 
Laßt die strenge Arbeit ruhn. 
Wie im Laub der Vogel spielet, 
Mag sich jeder gütlich tun. 
Winkt der Sterne Licht, 
Ledig aller Pflicht, 
Hört der Bursch die Vesper schlagen; 
Meister muß sich immer plagen. 
Munter fördert seine Schritte 
Fern im wilden Forst der Wandrer 
Nach der lieben Heimathütte. 
Blökend ziehen heim die Schafe, 
Und der Rinder 
Breitgestirnte, glatte Scharen 
Kommen brüllend, 
Die gewohnten Ställe füllend. 
Schwer herein 
Schwankt der Wagen, 
Kornbeladen; 
Bunt von Farben 
Auf den Garben 
Liegt der Kranz, 
Und das junge Volk der Schnitter 
Fliegt zum Tanz. 
Markt und Straße werden stiller; 
Um des Lichts gesell'ge Flamme 
Sammeln sich die Hausbewohner, 
Und das Stadttor schließt sich knarrend. 
Schwarz bedecket 
Sich die Erde; 
Doch den sichern Bürger schrecket 
Nicht die Nacht, 
Die den Bösen gräßlich wecket; 
Denn das Auge des Gesetzes wacht. 
Heil'ge Ordnung, segensreiche 
Himmelstochter, die das Gleiche 
Frei und leicht und freudig bindet, 
Die der Städte Bau gegründet, 
Die herein von den Gefilden 
Rief den ungesell'gen Wilden, 
Eintrat in der Menschen Hütten, 
Sie gewöhnt zu sanften Sitten, 
Und das teuerste der Bande 
Wob, den Trieb zum Vaterlande! 
Tausend fleiß'ge Hände regen, 
Helfen sich in munterm Bund, 
Und in feurigem Bewegen 
Werden alle Kräfte kund. 
Meister rührt sich und Geselle 
In der Freiheit heil'gem Schutz; 
Jeder freut sich seiner Stelle, 
Vietet dem Verächter Trutz.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.