Full text: Lesebuch für die Oberklassen der katholischen Volksschulen Niedersachsens

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schent, dessen Bedeutung auch Papst Leo durch Entsendung eines besonderen 
Vertreters zur Einweihungsfeier gebührend würdigte. 
Noch wertvoller wird das kostbare Geschenk durch die Gesinnung, 
welche der hohe kaiserliche Gönner bei der Einweihung des Portals in 
beredten Worten an den Tag legte. Der warme Ausdruck religiösen 
Empfindens, die kundgegebene Freude an einer Kunst, die das Edle zu 
ihrem Eigentume erhebt, die ehrfurchtsvolle Berücksichtigung des Trägers 
der Tiara sind allen Katholiken teure Unterpfänder der Liebe des Kaisers 
zu seinen katholischen Untertanen. 
In ähnlicher Weise zeichnet der Kaiser die katholische Kirche und 
ihre Angehörigen bei so mancher Gelegenheit aus. Wie die latholische 
Mission in China Unterstützung seitens des Kaisers erfuhr, ist noch in 
lebhafter Erinnerung. Die im Jahre 1900 gegen China unternommene 
Expedition wird ebenso von den Katholiken begrüßt, wie die Aus— 
zeichnung des Missionsbischofs Anzer von Südschantung. Der Kranz mit 
mächtigen Atlasschleifen am Grabe des Katholikenführers Windthorst, wie 
die Beileidsbezeugung beim Tode des Freiherrn von Schorlemer-Alst, graben 
sie nicht in die Herzen der katholischen Untertanen mit goldenen Schriftzügen 
die Worte ein: „Ich liebe euch“? Können wir es vergessen, was der Kaiser 
1898 dem Vorsitzenden des Vereins vom hl. Lande telegraphisch mitteilte? 
„Seine Majestät der Sultan haben Mir das Grundstück Dormition de la 
Sainte Vierge hierselbst übereignet, und Ich habe beschlossen, dasselbe 
dem Verein vom Heiligen Lande zur freien Nutznießung im Interesse der 
deutschen Katholiken zu überweisen. Ich freue Mich, damit einen dringenden 
Wunsch Meiner katholischen Untertanen erfüllen zu können. Dieselben 
mögen hierin einen Beweis Meiner landesväterlichen Fürsorge erblicken, 
mit welcher Ich, obwohl anderer Konfession, stets bestrebt bin, über ihre 
religiösen Interessen zu wachen.“ 
Nein, wir vergessen nicht die Huld unseres Kaisers. In treuer An— 
hänglichkeit, im Wirken für ihn und mit ihm, im Gebete wollen wir 
unsere Schuld bezahlen. In unserem Herzen mögen nachklingen die Worte, 
welche in Aachen am 19. Juni 1902 an den Kaiser gerichtet wurden: 
„Unauslöschlich ist der Dank, welchen das Kollegiatsstiftskapitel Eurer 
Kaiserlichen Majestät schuldet. Wir entledigen uns dieser hehren Pflicht 
durch das feierliche Gebet der Psalmen, welches seit mehr als einem Jahr⸗ 
tausend an den gesprengten Bögen, an den kühnen Wölbungen unserer 
Stiftstirche seinen Widerhall gefunden. Für Kaiser und Reich beten 
wir hier Tag für Tag im Kreislauf des Jahres. Diese Gebete werden 
begonnen, wenn das Morgenrot dem Schoße der Frühe entsteigt, 
sie setzen sich fort, wenn die Sonne ihre Höhe erreicht, und, Majestät, 
sie ersterben erst dann auf unseren Lippen, wenn die Schatten des 
Abends empordämmern.“ 
Karl Schmitt.
	        
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