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Sperling, der fast allein zurückgeblieben war, sah es an. Er verließ nun
auch die Flur, die ihm kein Körnchen mehr geben konnte, und suchte die
Wohnung der Menschen. Wir aber blickten hinaus in die öde, stille,
totenstille Natur und fragten uns: „Werden wir den Frühling erleben?“
Manchen Bruder und manche Schwester mußten wir in die harte Erde
begraben. Uns leuchtet noch der Augen e wir sehen mit gefühlvollem
Blicke den Frühling an, der da ist ein Lebengeber der ganzen Natur.
Überall ist Leben, junges, frisches, fröhliches Leben, zwar nach einem
Kampfe, der mehrere Won gedauert hat. Der kalte Ost widerstand
lange dem sanften West. Doch die Vögel waren gewiß, daß dieser bald
siegen würde. Daher sang die Lerche laͤngst ihren Jubel; daher kam der
Storch in die Armut unserer Gegend, woͤhl wissend, wie reich sie bald
sein würde, und unsere Kinder würden von schwachen Sonnenstrahlen auf
ihre Spielplätze gelockt, in ihrem Blute fühlend, daß der Frühling käme
Nun ist er dä. Der schwere Kampf zwischen Leben und Tod ist aus—
gekämpft. Alles lebt, die ganze Natur lebt wieder. Seht hinaus! Die
Erde trägt Grün; täglich wächst die junge Saat höher, immer dichter
wird das Gras. Das Leben kocht in den Pflanzen und Bäumen; jeden
Morgen hat sich eine neue Blume aufgetan, jeden Morgen haben sich
neue Blüten entfaltet. Millionen liegen an den Brüsten der Natur und
saugen Leben ein; Millionen, unzählige Millionen Pflanzen und Samen—
körner werden von des Gärtners und Landmanns Händen ihr an die
Brust gelegt, daß sie denselben Milch und Leben gebe, mit zu schmücken
den Gaͤrten, mit zu zieren das Feld, mit zu füllen dereinst die Scheuern
der Menschen. Alles lebht. Wo kommt ihr her, die wir tot glaubten?
Du Gewürm, erstarrt und begraben, durchbrichst die Erde, die dich deckte,
und wimmelst umher, wohin wir nur unsern Fuß setzen. Woher, ihr
Mücken im Sonnenstrahle? Wir sahen euch lange nicht, und nun schwärmt
ihr unzählig auf jedem Pfade. Ihr Bienen des Stockes, wer weckt euch
aus dem trägen, tiefen Schlummer, daß ihr jett voll regen Lebens um
jeden Blumen⸗ und summet? Und ihr Vögel in den Lüften,
wer lockt her in bunter Zahl, daß ihr jetzt die Höhe bevölkert und
den stillen Morgen mit euren Liedern begrüßt? Das tut der Frühling,
der da ist ein Lebengeber der ganzen Nalur. Klaus Harms.
71. Mailied.
Wie herrlich leuchtet
mir die Natur!
Wie zlunzt die Sonne!
Wie lacht die Flur!
2. Es dringen Blüten
aus jedem Zweig
und tausend Stimmen
aus dem Gesträuch
und Freud' und Wonne
aus jeder Brust.
O Erd', o Sonne!
O Glück, o Lust!
Wolfgang v. Goethe.